Es gibt zwei Möglichkeiten, um einen Kursstempel auf Briefen einer Danziger Strecke
während der Anfangszeit zu bekommen:
- Briefe, die vom Publikum in den Briefkasten des Postwaggons geworfen wurden oder
aus Bahnsteig-Briefkästen, die vom Postwagenpersonal geleert wurden. Auf diesen
Poststücken hatten die Bahnpostbeamten handschriftlich den Bahnhofsnamen zu
vermerken.
- Postbeutel der lokalen Postämter. Diese Post wurde schon vom lokalen Postamt abgestempelt und bekam dazu den Kursstempel auf der Rückseite (Transitpost).
Nach der Einführung der ovalen Kursstempel kamen Kursstempel nur noch auf Briefen
oder Karten zum Einsatz, die in den Briefkasten des Postwaggons geworfen wurden.
Fünf Typen von Bahnpoststempeln aus der Danziger Region sind bekannt:
1) Zeilenstempel
2) ovaler stumpfer Stempel
3) ovaler langer Stempel
4) Rechteckstempel
5) Schaffnerstempel
Stempel wie unter 1) gibt es meistens als 3-Zeilen-Stempel. Die erste Zeile gibt die
Abfahrt, die dritte Zeile die Bestimmung an. Dazwischen befinden sich das Datum und ein
T von Tour (Hinreise) oder R von Retour (Rückreise), aber auch römische Ziffern wie I
oder II. Diese frühen Stempel sieht man oft in größerer Anzahlen auf Briefen, die
mehrmals umspediert sind (von einem Zug nach einem anderen usw.).
Stempel unter 2), 3) und 4) haben immer eine feststehende Kurs-Bezeichnung,
unabhängig von der Richtung. Hin- oder Rückfahrt sind an der Zugnummer erkennbar.
Ungerade Nummern zeigen die Richtung der Kursbezeichnung an und gerade Nummern
die entgegengesetzte Richtung.
Die Schaffnerstempel wurden von semi-offiziellen Bahnpostbeamten benutzt. Nachdem
die Bahnlinie Dirschau-Danzig eine Nebenbahn geworden war, wurden auf dieser Linie
Schaffner eingesetzt. Die Schaffner hatten bis weit in die siebziger Jahre keinen Stempel.
Erst ab 1878 kamen Rechteckstempel zum Einsatz, die ab 1888 ersetzt wurden durch
stumpfe ovale Stempel mit zwei dicken Punkten am Unterrand. Man sieht diese Stempel
auf den Linien Danzig-Neufahrwasser und Dirschau-Danzig. Der Unterschied zwischen
Schaffner und anderem Bahnpostpersonal verschwand 1922.
Die Belege
Abb. A
Früher Brief vom 8.6.1852 aus Danzig nach Rheims.
Der Brief hat eine imponierende Reise hinter sich. Zuerst mit der Postkutsche von Danzig
nach Bromberg; das war der nächste Anschlusspunkt an der Linie Kreuz-Bromberg der
sogenannten Ostbahn. Dort wurde der Brief mit OSTBAHN 9/6 * III R abgestempelt. Der
Stempel sagt aus: dritter Zug dieses Tages auf der Strecke nach Berlin und zurück. Am
nächsten Tag kam der Brief in den Zug Berlin-Leipzig (T) und dann über LeipzigMagdeburg (R) auf die Linie Berlin-Halberstadt. Einen Tag später ging es weiter via
Minden-Dortmund nach Aachen und Verviers. Der Eingangsstempel von Frankreich wurde
am 12.6.1852 in Valencienes (roter Stempel auf der Vorderseite) abgeschlagen. Am
gleichen Tag kommt der Brief in Paris an und wird am 13. Juni nach Rheims
weiterbefördert, wo er am 14. Juni ankommt (Ankunftstempel).
Wahrscheinlich gab es einen Sortierungsfehler in Berlin, da ein Umweg über Leipzig
unnötig war. Der direkte Weg war Berlin-Halberstadt. Diese Line wurde erst über LeizigMagdeburg erreicht. Eine zweite Möglichkeit ist: Der Zug nach Halberstadt war schon weg,
und die Post beförderte den Brief auf dem schnellsten Weg über Leipzig.
Literaturbeilage 241 Seite 6 von 13
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Added: 20/06/2024
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