Wir erhalten die folgende Zuschrift vom einem hiesigen bekannten Graphiker und Kunstmaler:
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Wer in der Briefmarkenkunde ein wenig bewandert ist – und das sind heute unendlich viele, die Freude an so weit verbreiteten Sammelsport haben – der sich beim Anblick der neuen Freistaat-marken eine Enttäuschung erlitten. Zieht man doch unwillkürlich einen Vergleich zwischen den so wunderbar schönen Marken der Wiener Reichsdruckerei – künstlerische Erzeugnisse sind das sowohl in Zeichnung wie in Farbgebung – und unseren Freistaatmarken, die allerdings als einzige Entschuldigung für sich die Tatsache in Anspruch nehmen dürfen, dass sie nur „provisorisch“ gelten sollen. War es aber dennoch nicht möglich, als Aufdruck wenigstens „Freistaat Danzig“ zu wählen? Ähnlich wie der Aufdruck auf Bayern schönen Marken lautet nämlich „Freistaat Bayern!“ Unsere Marken haben aber nicht nur in Danzig allein Geltung, sondern sie sind für den gesamten „Freistaat Danzig“ bestimmt, und daher ist die einzige richtige Bezeichnung „Freistaat Danzig“ Aber auch sonst hat die Reichsdruckerei ruhig ein wenig mehr anstrengen dürfen. Das Wort Danzig steht z.Zt. nicht gut im Raum, ein Schönheitsfehler: der bei einigem Nachdenken hätte vermieden werden können.
Der Inhalt dieser Zuschrift ist zwar durch unseren neulichen Leitartikel teilweise überholt. Dennoch haben wir ihr an dieser Stelle Raum gegeben, nach dem Grundsache: „Steter Tropfen höhlt den Sein.“. Allerdings wäre dabei zu bemerken, dass das Weglassen des Wortes „Freistaat“ im Überdruck der Marken wohl ausschließlich aus Gründen politischer Korrektheit erfolgte, da der Freistaat leider erst nach endgültiger Bestätigung der Verfassung durch die Pariser Konferenz nach außen hin praktisch in Leben tritt.