Die folgende niedliche Plaudere von Paul Thielemann, die in knappen Sentenzen auch dem Nicht-philatelisten ein treffendes Charakterbild unserer heutigen Postmarken entwirft, finden sich im Jahrgang 1910 der „D.B.Z.“.
Im Alltagsleben ist die Briefmarke:
- ein bedrucktes Stück Papier,
- eine Quittung über bezahlte Postgebühr,
- eine Anweisung auf freie Briefbeförderung
- ein Wertpapier „al pari“,
- zuweilen eine Auslage für eine Retourkutsche,
- ein Erzeugnis der Presse, dessen Nachdruck verboten ist,
- ein Kurier, der auf Gummi durch die Welt reist,
- eine Einnahmequelle des Staates,
- ein Mitwisser manchen Geheimnisses,
- eine Illustration zu dem Sprichwort: „Aus den Augen in den Mund“,
- oftmals ein festsitzender „Eckensteher“,
- meine eine Speichelleckerin,
- eine Illustration zu „Über Land und Meer“,
- das einzige Bild, das wir von manchen Fürsten besitzen,
- ein Zugvogel,
- ein Passagier, der sehr billig reist,
- ein Schuldschein des Staates,
- ein Zahlungsmittel für kleinere Schulden,
- eine Leckerei,
- ein Zeichen fortgeschrittener Kultur,
- in vielen Fällen ein kleines Kunstwerk,
Vom Standpunkt des Sammlers betrachtet, gibt es jedoch noch eine Anzahl weiterer Erklärungen. So ist die Briefmarke aus:
- ein viel begehrter Artikel,
- ein Gegenstand, der groß und klein, „im großen und kleinen, v o n „Großen und Kleinen“ gesammelt wird,
- häufig ein Vogel, dessen Echtheit man nicht an den Federn, sondern an den Zähnen erkennt,
- ein entwertetes Wertobjekt,
- ein Liebling, der oft an den Zähnen leidet,
- zuweilen die Falschheit in Wort und Bild,
- ein Handelswert – Objekt, das weit verbreitet ist,
- eine Beute mancher Jagd,
- eine Schönheit, die im höchsten Alter die meisten Liebhaber findet,
- eine Einnahme des Staates, die in verschiedenen Ausgaben besteht,
- ein Mittel zur Bereicherung des geographischen Wissens,
- eine Perle, von den wünscht, dass sie immer echt sein möge,
- ein Lagermittel, der mit den Jahren an Wert gewinnt,
- ein Wertpapier, das entwertet doch noch Wert hat, manchmal (sogar einen höheren als vor der Entwertung,
- eine Schönheit, der es nicht an Liebhabern fehlt,
- ein Ding, das, wie das Chamäleon, oft seine Farbe wechselt,
- ein Erzeugnis, das in immer neuen Arten erscheint,
- ein Gegenstand, dem sich viele Schriftsteller und Zeitschriften ausschließlich widmen,
- für viele Menschen eine Liebhaberei zu Erholung,
- ein Gegenstand, der fortwährend aufs peinlichste untersucht wird,
- ein Ausstellungsstück,
- jemand, der durch Fehler, in unserer Wertschützung steigt.