Ein Berliner Urteil uber die Danzig Provisorien

Einen längeren Artikel „Briefmarken-Kunde“ der „Berliner Börsen-Zeitung“ vom 12.September entnehmen wir folgenden Ausführungen, die in Danziger philatelistischen Kreisen von besonderen Interesse sein dürften:
….. Die jüngsten Überraschungen bereitete uns Danzig mit einem ganzen Füllhorn neuer „Provisorien“, mit Wertaufdrucken in verschiedenen Formen und Farben auf unseren Germania-marken, selbst eine Flagge ist vertreten. „Nur“ zwanzig Abarten umfasst diese eine Serie, die von 2 Pfennig bis 10 Mark reicht. Und nun wiederholt sich hier das alte Spiel wie bei den ersten Sarre-Marken: einzelne Werte, so jene zu 2, 2 ½, 30, 50, 60 Pfennig und 1 bis 2 Mark, sind schon nicht mehr auf geradem Wege zu erreichen, sondern nur mit hohen Aufgeld; sie „sollen“ bloß zwei Tage am Schalter zu haben gewesen, sie „sollen“ nur wenige Bogen gedruckt worden sein! Gemach! Wahrscheinlich wird’s auch hier wie bei den erwähnten Sarre ergehen; erst ein ungeheures Hinauf-schraubens der Preise, ein Geschrei, diese und jene der Marken gehören zu den größten Seltenheiten, und nach wenigen Monaten vielleicht schon Wochen ein zahlreiches Angebot zu bescheidenen Preisen. Nun hat der Danziger Magistrat eine Markenvertriebsstelle eingerichtet, die an private Sammler Serien abgibt mit 15 Prozent Aufschlag für Abstempelung, Verpackung, Büro usw. Sehr warm zu begrüßen, aber wir „hier draußen“ haben nicht den geringsten Vorteil davon, denn unser liebes gutes, urdeutsches Danzig gehört ja zum „Ausland“, und aus letzteren dürfen keine Briefmarken eingeführt werden, darüber wacht eine hohe Zensurbehörde, die alle einge-schriebenen Briefe öffnet und sie, wenn sie Marken enthalten, zurückgehen lässt. Wer hat den Schaden? Die zahllosen privaten Sammler, denen es nicht gestattet ist, ihre Sammlungen für verhältnismäßig billiges Geld zu vervollständigen. Wer lacht sich ins Fäustchen? Die Händler, die natürlich Mitte und Wege finden, sich in großen Mengen die betreffenden Marken zu verschaffen und sie wieder zu verkaufen. Es wäre dringend zu wünschen, dass unsere Reichsbehörde ein Einsehen hat und in bestimmten Beträgen die Einfuhren von Marken gestattet, ohne dass erst umständliche Anträge usw. gestellt werden brauchen.“
Wir schließen uns dem in den letzten Zeilen ausgesprochenen Wunsch in vollem Umfang an. Andererseits möchten wir aber doch bemerken, dass der Vergleich der Danziger Provisorien mit den ersten Sarre-Marken stark hinkt. Wir können dem Verfasser aus bester eigener Kenntnis versichern, dass von der „Aufbrauchserie“ tatsächlich nur die bei den Danziger Postanstalten noch vorrätigen außer Kurs gesetzten deutschen Marken, – d. h.verhältnismäßig wenige Bogen, überdruckt worden sind. Die genauen Auflageziffern der einzelnen Werte hoffen wir später veröffentlichen zu können.

Danzig