Kurbrandenburgische Post in Danzig. 2. Teil

von
Fritz Grube, cand. Junr., Danzig

Im Juni 1654 wurde das erste kurbrandenburgische Postamt in Danzig errichtet. Ein lang ersehnter Wunsch des Großen Kurfürsten war damit in Erfüllung gegangen. Hetzt konnte er daran gehen, seine großzügigen Pläne, die die Schaffung eines umfassenden Netzes regelmäßiger und leistungs-fähiger Postkurse vorsahen, auch im Osten zu verwirklichen und die während des dreißigjährigen Krieges fast durchweg vernichteten Postverbindungen, wo solche vorher überhaupt schon vorhanden waren, in neuer und verbesserter Form wieder erstehen zu lassen.
Wie Matthias in seiner Darstellung des Postwesens berichtet, wurde ein gewisser Johann Stöckel zum ersten kurbrandenburgischen Postmeister in Danzig bestellt, der alsbald ein kleines Häuschen im Junkerhofe als Postexpedition einrichtete und bereits im Laufes des Juni desselben Jahres seine Tätigkeit aufnahm. Die Zuverlässigkeit und Pünktlichkeit der kurbrandenburgischen Post wurde bald allgemein gelob, so dass die finanziellen Ergebnisse hinter den gehegten Erwartungen nicht zurückblieben. Schon in den ersten Monaten des Betriebes wurde ein Reingewinn von durch-schnittlich 500 Talern erzielt. Wie vorauszusehen war, bildete das nebeneinander bestehen der brandenburgischen und der unter polnischem Einfluss stehenden Danziger Post sehr bald den Anlass zu Misshelligkeiten, die erstmals zu offenem Ausbruch kamen, als der übereifrige Stöckel seine Befugnisse überschritt und dem Inhalte der Abmachungen zuwider eine eigene Briefbestellung in der Stadt einzurichten begann, während bei der Zulassung der brandenburgischen Post ausdrück-lich ausgemacht worden war, dass die Bestellung der eingegangenen Postsachen den bisherigen Stadtpostmeistern verbleiben sollte. Die letzten, Salzsieder und Hornemann, sahen ihre hohen Einnahmen gefährdet und wandten sich Beschwerde führend an den Polenkönig in Warschau mit der Bitte, den brandenburgischen Postmeister in seine Schranken zurück zuweisen. Der Erfolg ihrer Vorstellungen war freilich ein anderer als der erbetene. Polen, das schon lange danach gestrebt hatte, das Danziger Stadtpostwesen unter seinen alleinigen Einfluss zu bringen, benutzte diesen Anlass als willkommene Gelegenheit, die Unfähigkeit der Danziger Postverwaltung darzutun und deren Leitung selbst in die Hand zu nehmen. Es sandte den Postmeister Franz de Gratta nach Danzig, der an die Spitze des Stadtpostamtes trat, während der Magistrat allmählich jeden Einfluss auf die Regelung der städtischen Postangelegenheiten verlor.
De Gratta setzte sich sogleich zum Ziele, das kurfürstliche Postamt aus Danzig zu vertreiben, ein Streben, das freilich erst seinen Nachfolgern restlos gelingen sollte. Der Große Kurfürst hatte inzwischen im Jahre 1655 eine zweite Postkonvention mit Danzig abgeschlossen, durch die der Bestand seines Postamtes garantiert und ihm weitere Vorteile eingeräumt wurden. Das Jahr 1657 brachte im Vertrag von Wehlau die Anerkennung des Kurfürsten als souveränen Herrschers des Herzogtums Preußen und damit – ein interessanter Vergleich mit dem heutigen Auslande – die Notwendigkeit einer sicheren Postverbindung Brandenburgs mit Preußens, die von jetzt ab nicht nur allein über Danzig, sondern auch durch den polnischen Korridor geleitet wurde, was Polen im Wehlauer Vertrage ausdrücklich zugestanden hatte.
Schon im Laufe der nächsten Jahre traten jedoch Umstände ein, die den Plänen des polnischen Post-meisters de Gratta nach Verdrängung des Danziger kurfürstlichen Postamtes günstig waren. Bald nach Abschluss des Friedens von Oliva (1660) trat der Große Kurfürst mit König Kasimir in Unterhandlungen wegen Abtretung der Stadt Elbing an Preußen ein. Vernehmlich auf den Einfluss ränkevollen polnischen Königin Louise Maria ist es zurück zuführen, dass König Kasimir die Abtretung Elbing von der Bedingung abhängig machte, dass sämtliche brandenburg-preußischen Posten in Danzig und auf polnischen Gebiet unverzüglich aufgehoben würden. Das nicht näher aufgeklärten Gründen unterwarf sich die Berliner Regierung dieser Bedingung noch vor Abschluss der Verhandlungen und ließ den Betrieb des Danziger Postamtes einstellen. Der Verkehr geriet alsbald ins Stocken und die Verbindung mit Preußen war auf die wenigen unvollkommenen polnischen Postkurse angewiesen. Das Ränkespiel de Grattas und der Königin war gelungen; unmittelbar darauf brach Polen die weiteren Verhandlungen wegen Überlassung Elbings ab, indem es seine Vertreter unverrichteter Dinge abberief.
Der Große Kurfürst, der sich doppelt hintergangen sah, schritt sogleich zu Repressalien und ordnete die Verhaftung aller polnischen Postillione, die auf preußischem Gebiete tätig waren, an. Auf Grund dieses Befehles wurde u.a. am 27.November 1660 eine fahrende, nach Stettin bestimmte Post bei Tempelburg abgefangen und die Postillione gefangen gesetzt. Allein vermochte dieses Vorgehen bei den Polen keinen Eindruck zu erwecken, so dass die Verhaftungen schließlich freigelassen werden mussten. Der Kurfürst war jedoch durchaus nicht willens, seinen Standpunkt aufzugeben und die Verbindung mit Danzig und Preußen in fremden Händen zu belassen. Er ernannte vielmehr noch im Jahre 1661 erneut den Postmeister Johann Stöckel zum brandenburgischen Residenten in Danzig und versuchte die abgebrochenen Verbindungen von neuem anzuknüpfen, was indessen infolge des Gegenspieles des allmächtigen de Gratta nur unvollkommen gelang. Erst als dieser auf wiederholte dringende Vorstellungen des brandenburgischen Gesandten von Hoverbeck in Warschau von der polnischen Regierung abgesetzt und zur Verantwortung gezogen wurde, gelang es, vorübergehend das brandenburgische Postwesen in Danzig wieder aufzurichten, wenn auch nicht mehr in der ursprünglichen Unabhängigkeit und Leistungsfähigkeit.
Das Verhältnis Brandenburg-Preußen zu Polen wurde gegen Ende des Jahrhunderts als erfreulicheres, als König August den Thron bestieg und in Brandenburg Friedrich III. der später König Friedrich I zur Regierung gelangte. Beide Herrscher kamen dahin überein, in Danzig einen gemeinschaftlichen brandenburgisch-polnischen Postmeister einzusetzen, als welcher, wie Matthias berichtet, ein gewisser Christian Hetscher im Jahre 1698 erwählt wurde, der aber bald gleichfalls mit Schwierigkeiten, die seine doppelseitige Verpflichtung mit sich brachte, zu kämpfen hatte. Neue polnische Intrigen, sowie die allzu herrische Auftreten Hetschers, die schließlich nur noch die brandenburgischen Interessen vertrat, beeinflussten das gegenseitige Verhältnis von neuem sehr ungünstige, was schließlich zur Amtsenthebung Hetschers von polnischer Seite führte. König Friedrich Wilhelm I., der für die Entwicklung des Postwesens nicht das gleiche Interesse wie seine Vorgänger aufwies, glaubte jetzt – der ständigen Reibereihen und Streitigkeiten müde – das die Aufrechterhaltung der preußischen Post in Danzig in keinem Verhältnis mehr zu den Schwierigkeiten stünde, die die Fortsetzung der Bemühungen mit sich bringen würde, und löste das Postamt im Mai 1716 endgültig auf. Hetscher wurde auch von preußischer Seite abberufen und das Postamt für 10 000 Gulden verkauft.
Damit hatte die erste Periode des brandenburg-preußische Postwesen in Danzig ihr Ende erreicht. In erster Linie auf die Initiative des Großen Kurfürsten zurückzuführen, haben die kurbrandenbur-gischen Posteinrichtungen wesentlich dazu beigetragen, dass die Stadt Danzig in verhältnismäßig früher Zeit über einen regelmäßigen und zuverlässigen Postverkehr im modernen Sinne verfügen konnte. Fast achtzig Jahre lang war nunmehr den preußischen Postillionen der Eintritt in die Stadt verwehrt. Erst im Jahre 1793 konnte wieder ein preußisches Postamt in Danzig seine Tore öffnen.

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