Jahreswende

Es ist im Journalismus sonst nicht gerade Brauch, von der eigenen Arbeit viel Aufhebens zu machen. Bei der einzigartigen Stellung, die der Briefmarken-Rundschau zuteil ward, in ihrer Eigenschaft als Beilage einer großen Tageszeitung, aber auch in ihrer ausgesprochenen Haltung als Fachblatt, möchten wir heute, am vorletzten Tages des Kalenderjahres, das zugleich den Schluss des ersten Jahrganges unserer Zeitschrift bilden soll, aber doch einmal aus dem altgewöhnten Gleis abweichen und vor Einstellung des Hebels auf „Volldampf voraus“ einwenig auf dieser kleinen Zwischenstation verweilen.
Uns leitet bei diesem Rückblick vor allem die Tatsache, dass sie in der philatelistischen Fachpresse mehr als in jeder anderen gewohnheitsgemäß ein vertrauteres Verhältnis zwischen Redaktion und Leserkreis im Laufe der Zeit herauszubilden pflegt. Auch unsere philatelistische Sonderbeilage macht von dieser Erfahrung, wie wir mit Freude und Genugtuung aus zahlreichen Briefen und persönlichen Äußerungen unserer Leser feststellen können, keine Ausnahme. Besonderes die zuerst von uns eingerichtete philatelistische Sprechstunde beweist uns immer wieder, dass die „Briefmarken-Rundschau“ sich bei den Sammlern eines Vertrauens erfreut, für das wir dankbar sind, und das wir zu Schätzen wissen.
„Allen Menschen recht getan, ist eine Kunst, die niemand kann.“ – Es wäre töricht, nicht zugeben zu wollen, dass auch gewisse Meinungsverschiedenheiten des Leserkreises über Form und Inhalt der Rundschau auftauchen. Von gewisser, stark interessierter Seite ist der „Briefmarken-Rundschau“ z.B. anfänglich der Vorwurf gemacht worden, sie grabe durch die veröffentlichten auswärtigen, teilweise sehr preiswerten Briefmarkenangebote hiesigen Händlern das Feld ab. Demgegenüber wäre darauf hinzuweisen, dass keine unabhängige Briefmarkenzeitung sich allein auf einen genau begrenzten engeren Interessenkreis stützen kann, sondern beiden Parteien, Sammlern wie Händlern, gerecht werden muss, wenn sie ihre eigentliche Aufgabe erfüllen will. Es gibt ja auch kein einziges Briefmarkenblatt, das nur lokale Anzeigen bringt, und gerade Danzig ist heute schon, zukünftig, so hoffen wir, noch weit mehr, ein dankbarer Boden für den über die engere Landesgrenze hinaus-gehenden Tausch- und Kaufverkehr und die internationale Vermittlung im Sammelwesen. Jeder Einsichtige, und nicht in allen Vorurteilen Befangene weiß heute überdies den großen, auch geschäftlichen Nutzen eines regen Wettbewerbes auch im Briefmarkenwesen zu schützen, und es verlohnt sich wirklich kaum der Mühe, unbelehrbare engherzige Auffassungen einzelner „Außen-seiter“ widerlegen zu wollen.
Abgesehen von dieser geschäftlichen Rückständigkeit sind der Redaktion seit dem ersten Erscheinen der „Briefmarken-Rundschau“ am 16.Juni d. J. eigentlich nur zwei besondere Einwen-dungen oder besser gesagt Vorschläge, Wünsche bekannt geworden, die auch in Zuschriften an uns immer wiederkehren. Diese Vorschläge hier kurz zu streifen und zu erörtern, dafür bietet der heutige Jahresabschluss geeignete Gelegenheit.
Auf den ersten Wunsch eingehend, möchten wir hier eine Zuschrift vom 7. Dezember wiedergeben, die am besten zeigt, was man bei unserer „Briefmarken-Rundschau“ noch für reformbedürftig hält. Ein geschätzter Korrespondent schreibt uns nämlich: „Wenn man, wie ich, eine ziemlich Anzahl von philatelistischen Zeitungen liest und aufheben will, so kommt man schnell zu Vergleichen, und das erste, was da bei Ihrer „Briefmarken-Rundschau“ auffällt, ist das für die philatelistische Literatur ganz abnorme Format. Vielleicht ließe sich diesem Nachteil abschaffen, wenn die „Brief-marken-Rundschau“ in einem Format erschiene, das nur ein Viertel der Satzspiegels darstellte. Dann wäre es zu erreichen, dass de Abonnement- und Literatursammler die Nummer so faltet, dass sie auf das Maß einer Viertelseite der „Danziger Zeitung“ zusammenschrumpft und damit würde sie ganz gut in eine philatelistische Bibliothek passen.“
Diesem das drucktechnische Gebiet streifenden Einwand ist zu entgegnen, dass die Herausgeber der „Briefmarken-Rundschau“ von Anfang an alle Vor- und Nachteile des ungewöhnlichen Formates wohl überlegt und durchdacht haben. Man ist dabei zu dem Ergebnisse gekommen (und fernerstehende Kreise haben die Richtigkeit nach Erläuterung bestätigen müssen), dass die Vorteile des großen Formates die Nachteile weit überwiegen. Vor allem ist es die Übersichtlichkeit des Text- und Inseratenteiles die bei dem Tageszeitungsformat gegenüber vielen kleinformatigen Fachblättern sehr gewinnt. Wer sich de Mähe unterziehen will, einmal behufs Auffindung gewisser interessieren-der Notizen oder Inserate die „Rundschau“ zu durchblättern, wird finden, dass eine unverhältnis-mäßig kürzere Zeit dazu gehört, zum Ziel zu kommen, als wenn er den kleinformatigen Band beispielsweise eines österreichischen Fach- und Anzeigenblattes durchforscht. Die „Briefmarken-Rundschau“ ist aber andererseits ein inniger Bestandteil der “Danziger Zeitung“, der ersten Tages-zeitung überhaupt, die diese Neuerung einer besonderen philatelistischen wöchentlichen Beilage ins Leben rief. Die „Danziger Zeitung“ ist bemüht, und wird in Zukunft noch mehr bemüht sein, auch in ihrem Feuilletonteil durch Veröffentlichung interessanter, auch für das große Publikum geeigneter philatelistischer Mitteilungen das Briefmarkensammeln den bisher ferner stehenden Kreisen populär und den eigenartigen Reiz dieses Sammelwesens nach Kräften anschaulich zu machen und zu fördern. Gerade im Lande des modernen Zeitungsfortschrittes, in Amerika, das nun auch früher nie geahnte Beziehungen in Danzig mehr und mehr aufnimmt, der das große Format durchaus sympathisch berührt, was sich aus den uns gewordenen zahlreichen Anerkennungs-schreiben leicht nachweisen lässt. Ein Binden des vollständigen Jahrganges der „Briefmarken-Rundschau“ ist auch keineswegs so schwierig, riskant oder kostspielig, wie ein Korrespondent meint. Eine starke, in der Mitte gefaltete Pappe im Format der „Briefmarken-Rundschau“, die auf der Innenseite des Rückens die erforderliche Anzahl also 52, am besten gummierte Fälze enthält und die jeder Buchbinder für geringes Geld herstellt, ist alles was zur Aufbewahrung erforderlich ist. So sei bei dieser Gelegenheit bemerkt, dass der Verlag der „Rundschau“ gern bereit ist, diesbezüglichen etwaigen Wünschen aus dem Leserkreis entgegenzukommen und bei genügender Nachfrage eine Sammelmappe und zugleich einen dauernden Einband in erwähnter Form geschmackvoll und zweckentsprechend anfertigen zu lassen, der für einen mäßigen Preis dann von allen Liebhabern bezogen werden kann.
Der zweite Einwand, den man – diesem gegen die Redaktion – dann und wann erhoben hat, ist der, dass wir die Danziger Abarten ein wenig zu ausführlich berücksichtigt hätten. Wir geben ohne weiteres zu, dass dieses geschieht. Die wahrhaftig nicht kleine philatelistische „Liebesarbeit“ bei Abfassung und Redigierung der entsprechenden Notizen war aber gerade im Falle Danzig, eines Gebietes, dessen Postwertzeichenausgaben sich einer so weitgehenden Beliebtheit und Beachtung erfreuen, schon vom archivalischen, aber auch vom Sammlerstandpunkt durchaus notwendig. Wir brachten lange nicht alle uns bekannt gewordenen geringfügigen Abarten. Was wir aber brachten, sollte dazu dienen, das Interesse gerade unerfahrener Sammler zu wecken und bei ihnen den Sinn für „philatelistischer „Kleinforschung“ hervorzurufen, die als Studien- und Lehrgang für jeden ernsten Philatelisten sich früher oder später erforderlich erweist. Viele der gemeldeten Abarten haben für Sondersammler auch einen bedeutend höheren. In hohen Ziffern auszudrückenden Wert, der den glücklichen Besitzern, namentlich auch im Tauschwege, später sehr zugute kommen kann.
Das wäre ungefähr alles, was wir im Rückblick auf die vergangenen Monate an dieser Stelle unseren bisherigen treuen Lesern zu sagen haben. Wir sehen davon ab, die bei gewissen Fachorganen so üblichen großen Versprechungen für die Zukunft zu machen. Wir hoffen nur, auch weiter auf die bisherige Unterstützung unserer Freunde, Abonnenten und Inserenten rechnen zu können, die unsere „Briefmarken-Rundschau“ erst zu einem Organ gemacht hat. Das im philatelistischen Blätterwald eine geachtete Stellung einnimmt.
Unseren alten und neuen philatelistischen Freunden aber glauben wir an dieser Zeitenwende neben einem frohen Neuen Jahr nichts Besseres wünschen zu können, als drei für den Sammler wichtige Dinge: Einen guten neuen deutschen Katalog, sympathische Tauschfreunde und kaltes Blut angesichts der nun glücklicherweise stark abebbenden Neuheitenflut, die eine Zeitlang unsere Sammelliebhaberei zu ersticken drohte. Und nun viribus unitis – mit Volldampf voraus!
GoK.

Danzig