Bereits in Ausgabe 7 vom 29.Juli d. J. haben wir mitteilen können, dass in Danzig seitens einer hiesigen Firme der Plan erwogen wurde, in Danzig eigene Briefmarken-Versteigerungen zu veran-stalten. Die betreffende Firma ist später infolge der damals herrschenden Geschäftsüberlastung von ihrer Absicht zurückgekommen. Jetzt aber nimmt die Briefmarken-Abteilung eines hiesigen bekannten Handels- und Bankhauses wie unsere Leser bereits aus dem Anzeigenteils der „Briefmarken-Rundschau“ erfahren haben, das Projekt nach gründlicher Vorbereitung wieder auf und werden in Danzig demnächst vorläufig am 15. jeden Monats fortlaufend Briefmarken-Auktionen größeren Umfanges haben.
Bei dieser Gelegenheit dürfte ein kurzer Rückblick auf die Geschichte der öffentlichen Versteigerungen von Postwertzeichen allgemeiner interessieren.
Die erste öffentliche Auktion von Briefmarken in London – und wahrscheinlich überhaupt in der Welt – fand im März 1872 in dem Geschäftslokal Wellington street 13 in der als Strand bekannten Stadtgegend der Metropole statt. Sie umfasste die schönsten Stücke der Firma I. W Scott and Co. und erzielte ein Gesamtergebnis von 258 Pfund Sterling. Der damals erzielte Höchstpreis für eine einzige Marke, die 20 C. von Saint Louis, eine Marke die heute 25 000 Franken wert ist, betrug 8 Pfund Sterling 12 Schilling! Aber erst 1888 organisierte Walter Bull von der englischen Firma Wentow, Bull and Cooper die ersten regelmäßigen Briefmarken-Auktionen. Es folgten bald darauf 1899 größere Versteigerungen durch den Engländer Charles Philips, der dann an der Spitze eines Consortiums von Philatelisten 190ß zum Preise von 25 000 Pfund Sterling die wichtigste Briefmarkenfirma in London, das bekannte Haus Stanley Gibbons, als Gesellschaft mit beschränkter Haftung gründete, deren Chef Philips seither ist.
Diesen beiden Vorläufern folgten in England bald zahlreiche andere Auktionatoren. Die Firma Plumrigde and Co., Puttrick and Simpson Glenbening (ein Kompagnon Stanley Gibbons), H.R. Harmer, A.H. Thomson und als Spezialist für philatelistische Literatur Hugh Vallencey.
Auf einer derartigen öffentlichen Auktion im Jahre 1910 erwarb König Georg von England damals Prinz von Wales bekanntlich ein begeisterter Philatelist ein Exemplar der „Two Pence Post Office“ von Mauritius für den damaligen englischen Rekordpreis von 1500 Pfund Sterling. Wenn London trotzdem, was Rekordpreise für Briefmarken auf Auktionen anbetrifft, hinter Berlin und Paris zurücksteht, so liegt dies wohl daran, dass die großen englischen Sammler ihre Erwerbungen meist aus Privathänden machen, wie z.B. Herr Tapling im Jahre 1880, der die englische Kolonial-sammlung Image von 3000 Pfund Sterling und bald darauf die Europasammlung Westoby Isasis Spaniensammlung E.B. Evens Mauritiussammlung und endlich die Generalsammlung v. P. Castle, sowie 1887 die Pariser Sammlung Caille-Botte für 125 000 Franken kaufte.
In Frankreich waren die ersten Pioniere der öffentlichen Briefmarken-Auktionen die Herren Gelli, Tani und Poncelet, die seit dem 6., 7. und 8. Dezember 1916 im großen Saale des ersten Stockwerks im Pariser Hotel Cosmopolite ihre Briefmarken-Versteigerungen abhalten und bei dieser Gelegenheit prachtvolle illustrierte Kataloge herausgaben. Seit 1917 ist es besonders Herr Gillard von der Firma Gillard et Heller, der am Place Royale viel beachtete Briefmarken-Auktionen abhält.
Auch in Belgien und in Holland haben die Briefmarken-Auktionen großen Anklang gefunden, und Berlin hat sie bekanntlich nach dem Kriege mit großer Energie wieder aufgenommen. In der Reichs-hauptstadt sind es besonders die Firmen Marken und Ganzsachenhaus Köhler und Stock, die diesen philatelistischen Geschäftszweig pflegen. Aber auch in der der deutschen Provinz wie z.B. in Hannover, gedenkt man demnächst große Briefmarken-Versteigerungen zu veranstalten, ein Zeichen des ungemeinen Interesses, das man in Philateliekreisen dieser Einrichtung entgegen bringt.
Wir werden in Danzig damit des begrüßenswerten Unternehmungsgeistes einer hiesigen angesehenen jungen Firma nun auch Gelegenheit geben, den großen, in seiner weit reichenden Wirkung heute noch gar nicht abzuschätzenden Nutzen von Briefmarken-Auktionen für Sammler- und Händler kennen zu lernen und wünschen dem Unternehmen, über das noch mehrfach zu sprechen sein wird, gleich bei der ersten Veranstaltung einen vollen und durchschlagenden Erfolg.