von
Fritz Grube, cand. Jur., Danzig
Die Markendelikte
Unter Poststrafrecht versteht man den Inbegriff der Vorschriften, die dem Staate die Befugnis verleihen, Vergehen und Übertretungen, die auf dem Gebiete der Postverkehres begangen werden, zu verfolgen und durch Strafen zu vergelten. Der ganze Komplex postalischer Delikte zerfällt in drei Gattungen, und zwar in die sogenannte Markendelikte, die Postkonventrationen und die Postdafrautationen, die getrennt zu behandelt sind. Als Markendelikte betrachtet man den Kreis der strafbaren Handlungen,die im Bereich des Postwertzeichenverkehres vorkommen können. Auch Stempelmarken und Stempelabdrücke fallen unter den Sammelbegriff der Marken, müssen hier jedoch außer Betracht bleiben.
Kaum hatte im Laufe der vierziger Jahre des vorigen Jahrhunderts die erste Emission von Postwert-zeichen in den deutschen Staaten stattgefunden, als auch bereits nach kurzer Zeit die ersten Fälschungen auftauchten. Diese wurden zunächst lediglich zum Schaden der Postbehörden ausge-führt und zu Posthinterziehungen benutzt. Besondere Strafandrohungen für diese Fälle waren in den älteren Gesetzen naturgemäß nicht vorhanden. Da zudem die Zahl der Fälschungen eine ständig zunehmende Tendenz zeigte, sah man sich im Jahre 1851 bei der damaligen Redaktion des damaligen neuen preußischen Strafgesetzbuches veranlasst, eine spezielle Strafbestimmung einzu-führen, wonach die Anfertigung von unechten oder die Verfälschung von echten Postfreimarken oder gestempelten Briefkuverts mit Gefängnis nicht unter 3 Monaten, sowie – was besonders hervorgehoben zu werden verdient – mit zeitiger Untersagung der Ausübung der bürgerlichen Ehrenrechte bestraft wurde. Die gleiche Strafe hatte derjenige verwirkt, der wissentlich von falschen oder verfälschten Postfreimarken Gebrauch machte.
Die immer wichtigere Rolle, die das Postwertzeichen im Zeitalter des Verkehres zu spielen begann, erheischte bald eine neue, erweiterte und spezielle Regelung der ganzen Materie, da die wenigen generellen Bestimmungen den komplizierten Verhältnissen des modernen Verkehres nicht zu genügen vermochten. Bei der Abfassung des geltenden Reichsstrafgesetzbuches vom 15. Mai 1871 wurde daher ein ausgedehnter krimineller Schutz der Postwertzeichen aufgenommen, wie er im folgenden näher beschrieben ist.
Bei der Regelung der strafrechtlichen Behandlung der Briefmarke kamen zwei Interessentengruppen in Frage, die Postbehörde einerseits und die Philatelisten und Briefmarkenhändler andererseits. Trotzdem die Gruppe der letzteren schon seit den sechziger Jahren erhebliche Ausdehnung gewonnen hatte, sah man keine Veranlassung, den durch die einschlägigen Bestimmungen normierten Briefmarkenschutz auch auf sie auszudehnen. Die in Betracht kommenden Paragraphen 275, 276 und 384 StGB sind vielmehr lediglich im fiskalischen Interesse gegeben, d.h. sie schützen allein die Postbehörde, nicht auch die Sammler und Händler. Diese sind auf einem anderen, nicht minder tauglichen Weg angewiesen, der am Schluss dargelegt dargelegt werden wird.
Die Fälle des Markenschutzes im staatlichen Interesse für den die Wertzeichen nur insoweit in Frage kommen, als sie Quittungen über die Entrichtung der betreffenden Gebühren bzw. Beweis-zeichen für eine geschehene Leistung darstellen sind folgende:
1. Das wissentlich Gebrauchmachen von falschen oder gefälschten Postfreimarken § 275 Ziffer 1. Dabei sind unter falschen Marken solche zu verstehen, die nicht von der Postbehörde herrühren, sondern von einem unberechtigten Dritten hergestellt worden sind, unter verfälschten dagegen an sich echte Marken an denen wider den Willen der Emissionsbehörde wesentliche Veränderungen, vor allem der Wertangabe, vorgenommen sind. Indessen herrscht, da das Gebiet wissenschaftlich noch äußerst wenig erforscht ist, in Theorie und Praxis häufig Streit über den Begriff der falschen Marke. Bemerkenswert und von allgemeinen Interesse ist besonders ein vor mehreren Jahren gefälltes Urteil, wonach jemand, der zwei Bruchstücke von echten Zehnpfennigmarken auf einen Briefe zu einer Marke zusammengeklebt hatte, wegen Anfertigung falscher Postmarken bestraft worden ist. Die Bruchstücke stammten von ungebrauchten Marken. Diese dem gesunden Rechtsgefühle widersprechende Entscheidung ist indessen von Reichsgericht aufgehoben worden;
2. die Anfertigung unechter Postfreimarken in der Absicht, sie als echt zu verwenden § 275 Ziffer 2
3. die Verfälschung echter Postfreimarken in der Absicht, sie zu einem höheren Werte zu verwenden, § 275 Ziffer 3. In den beiden letzteren Fällen ist im Gegensatz zum ersten der Täter zugleich der Fälscher; beide Male haben sie die Absicht, die Falsifikate als echt zu verwenden. In beiden Fällen sind auch bereits durch die bloße Anfertigung die Voraussetzungen der Strafbarkeit erfüllt; er ist nicht notwendig, dass der Täter von den Fälschungen auch wirklich Gebrauch gemacht hat.
Die Strafe ist in allen drei Fällen Gefängnis von drei Monaten bis zu fünf Jahren, woneben auf Verlust der bürgerlichen Ehrenrechte erkannt werden kann.
Weiter ist der Fall der sog. Nachverwendung zu erwähnen, d.h. die wissentliche Benutzung eines schon einmal verwendeten Postwertzeichen nach gänzlicher oder teilweiser Entfernung des Entwertungszeichens zu Frankierungszwecken, wobei es keinen Unterschied macht, ob der Täter selbst oder ein Dritter das Entwertungszeichen entfernt hat; § 276. Das Vergehen wird mit Geld-strafe bis zu 600 Mark; daneben ist jedoch auch die wegen Entziehung der Portogebühren begründete Strafe verwirkt. Als letzter Fall ist das Übertreten des § 364 hervorzuheben wonach der-jenige, der wissentlich schon einmal verwendete Postwertzeichen noch gänzlicher oder teilweiser Entfernung des Entwertungszeichen veräußert oder feilhält, mit Geldstrafe bis zu 150 Mark bestraft wird.
Die sämtliche erwähnten Strafbestimmungen finden entsprechender Anwendung auf Streifbänder, Postanweisungen, Postkarten, Telegrafenfreimarken und gestempelte Briefkuverts; die letzteren beiden Arten werden indessen im Bereich der Reichspostverwaltung nicht mehr hergestellt. Die sämtlichen Vergehen sind nur strafbar, wenn sie vollendet sind; ihr Versuch ist gemäß 43 StGB straflos. Bestritten ist die Frage, ob die genannten Strafvorschriften nur für inländische oder auch für ausländische Marken gelten; nach herrschender Meinung ist der erstere zu bejahen, denn während das StGB in ähnlichen Fällen, z.B. bei der Münzfälschung ausdrücklich auch die ausländische Währung erwähnt, ist beim Schweigen desselben im Falle der Postwertzeichenfälschung das Gegenteil anzunehmen, was auch durchaus der Tendenz der ganzen Vorschriften, die den Schutz der inländischen Postbehörde im fiskalischen Interesse bezwecken, entspricht.
Schon aus diesem Grunde wäre dieser Schuh für die Briefmarkensammler und –händler wertlos, da diese in erste Linie vor ausländischen Fälschungen geschützt werden müssen. Ihnen steht daher ein anderer Weg offen. Der Sammler, dem eine falsche Briefmarke als echt verkauft bzw. beim Tausch als Gegenleistung gegeben ist, ist betrogen. Er geniest daher den wirksamen Schutz der Vorschriften über den Betrug (§ 263) wenn in ihm durch Vorspiegelung falscher oder durch Entstellung oder Unterdrückung wahrer Tatsachen ein Irrtum erregt oder unterhalten worden ist, vermöge dessen er zu einer ihm nachteiligen Vermögensdisposition bewogen ist. Voraussetzung ist nur, dass der Täter um die Absicht willen handelte, sich oder einen Dritten einen rechtswidrigen Vermögensvorteil zu verschaffen. Diese Absicht der rechtswidrigen Bereicherung wird regelmäßig vorliegen. Der Betrüger wird mit Gefängnis von einem Tage bis zu fünf Jahren bestraft, neben dem auf Geldstrafe bis zu 3000 Mark sowie auf Verlust der bürgerlichen Ehrenrechte erkannt werden kann. Außerdem ist hier im Gegensatz in den im fiskalischen Interesse bestehenden Spezialbestimmungen auch der bloße Versuch strafbar, was für den wirksamen Schutz der Philatelisten vor Fälschungen von besonderer Bedeutung ist.
Zu erwähnen ist schließlich, dass der zivilrechtlichen Ansprüche auf Schadenersatz wegen unerlaubter Handlung auf Grund deren der übervorteilte Sammler oder Händler im Vermögensfall des Betrügers sich schadlos halten kann, durch die erwähnten Bestimmungen des StGB nicht berührt werden.