Wir bringen heute einen weiteren, der „Briefmarken-Rundschau“ zum Abdruck zur Verfügung gestellen zu dem Preisausschreiben der Firma Holtz & Giebeler, Danzig und zwar die mit dem dritten Preis ausgezeichneten Erich Schmidts (Alter 15 ½ Jahre):
Überall in der Welt gibt es Sammler, aber nichts wird so viel gesammelt wie Briefmarken. Auch unter den Jugendlichen hat dieser Sport eine große Anzahl Anhänger gefunden, von denen viele wohl nur durch die Ausgabe der unzähligen Kriegs- und Umsturzmarken hierzu veranlasst worden sind; soll mir das Sammeln aber wirklich Freude machen, so kommt es sehr darauf an, wie ich Briefmarken sammele.
Um mir ein Bild zu verschaffen, wie eine gute, richtig angelegte Markensammlung aussehen soll, suche ich mir in die Sammlung eines fortgeschrittenen Sammlers Einsicht zu verschaffen. An dieser kann ich mir ein Muster nehmen, wie ich meine eigene anlegen und behandelt soll. Es ist „ganz gut“, wenn ich mir zuerst eine Stammsammlung anlege. Ich werde dann bald merken, für welches Gebiet ich mir besonders begeistere. Dann hierauf habe ich bei der Welt eines Albums jetzt zu achten. Schon mancher hat die Freude am Sammeln verloren, wenn er sich ein für seine Zwecke unbrauchbares Album angeschafft hat. Ich muss mich von vorneherein daran gewöhnen, nur gute und unbeschädigte Marken in meine Sammlung aufzunehmen, da es einen schlechten Eindruck auf einen Kenner macht, wenn er beim Aufschlagen des Albums viele schlechte und schmutzige Marken vorfindet. Zum Befestigen der Marken darf kein Kleber oder andere flüssigen Klebemittel benutzt werden. Man befestigt sie mit Klebefalzen, und zwar so, dass die Werte jederzeit umgedreht und noch dünnen Stellen oder Zeichnungen untersucht werden kann. Ich werde auch bald sehen, dass die Briefmarken durch häufiges Berühren mit den Fingern nicht besser werden. Ich schaffe mir hierzu eine Pinzette an, die in jedem besseren Markengeschäft erhältlich ist. Wieder Handwerker sein Handwerkszeug braucht, so bedarf der ordentliche Sammler allerlei wichtige Hilfsmittel. Da gibt es außer den Klebefalzen und Pinzetten noch den Zähnungsschlüssel, eine gute Lupe, den Wasserzeichensucher und andere Instrumente, um die Marken in ihren Unterschieden und Kennzeichen zu untersuchen.
Wenn ich auch keine Spezialsammlung habe, muss ich doch etwas die Zähnungs- und Wasserzeichenunterschiede berücksichtigen. Es ist nämlich ein wesentlicher Unterschied im Preise, ob eine deutsche Reichs- und Koloniemarke kein Wasserzeichen hat, oder ob sie eine besitzt. Je länger ich sammle, desto mehr Verständnis bekomme ich für die einzelnen Marken.
Ich suche auch meine Sätze und Lände zu vervollständigen. Hierzu lasse ich mir von guten Firmen Auswahlsendungen schicken, unter denen ich immer gute und billige mir fehlende Marken finde. Habe ich viele doppelte Marken, dann trete ich mit Sammlern anderer Länder in Tauschverkehr, wo ich leicht Gelegenheit finde, meine Dubletten gegen gute andere zu vertauschen. Beim Markentausch in der Schule kann man auch manch gutes Stück bekommen, nur muss man sich vorsehen, nicht auf solche Marken hereinzufallen, die unter Schülern besonders viele Falschstücke umgehen. Es ist notwendig, dass ich mir so bald als möglich einen Katalog anschaffe, oder schenken lasse. Aus diesem kann ich dann jederzeit den Wert einer Marke oder meiner Sammlung feststellen und auch ersehen, welche mir erreichbar sind.
Die Gründe, aus denen gesammelt wird, sind sehr mannigfach und voneinander ganz verschieden. Manche sammeln deshalb, weil sie es bei anderen sehen und weil sie die Mode mitmachen wollen, andere wegen der mannigfachen Markenbilder und Zeichnungen, worin sie die exotischen Marken besonders auszeichnen. Vollständig verfehlt wäre es aber, wenn ich Briefmarken nur sammeln sollte, weil ich weiß, dass sie mit der Zeit im Werte steigen. Wenn ich am Sammeln und an meiner Sammlung wirklich Freude erleben will, so muss ich aus Liebe zur Sache tun. Für mich ist kein Einzelgrund maßgebend, sondern alle diese vereinen sich zu einem Ganzen. Mich interessiert eben alles, was mit Briefmarken zusammen hängt. Meine geographischen und geschichtlichen Kenntnisse werden dadurch auch erweitert. Habe ich eine schöne exotische Marke, dann schlage ich das betreffende Land auch auf der Landkarte auf. Verdankt eine Marke aber ein Satz irgendeinen geschichtlichen oder politisches Ereignis, den Ursprung, so ist es natürlich, dass ich mich mit diesem bekannt mache. Auf vielen Marken sind auch hervorragende Persönlichkeiten, Bauwerke, Landschaften, merkwürdige Tiere und Pflanzen abgebildet. Ein hauptsächlicher Beweggrund, diese Marken mit Vorliebe zu sammeln! Zu ihnen gehören besonders: die amerikanischen Kopfmarken, die interessanten Guatemala. Die bosnischen Landschaftsmarken, die Tier- und Pflanzenbilder auf den Marken der Insel Borneo und von Liberia. Auf den Europamarken interessieren mich wieder die verschiedenen Herrscherbilder und die Wappenzeichnungen. Es hat jedes Land eines, das seine Marken für den Sammler begehrenswert macht.
Da der Briefmarkenmarkt jetzt täglich überschwemmt wird mit Neuausgaben und Postkarten, muss der Sammler sich nicht von der allgemeinen Sammelwut der neuesten Ausgaben anstecken lassen. Man muss gerade das Land sammeln, dessen Marken augenblicklich nicht so begehrt sind. Wer aus Liebe zur Sache sammelt, der wird an seiner im Laufe der Zeit, durch eigenen Fleiß und Arbeit zusammengebrachten Sammlung mehr Freude haben, als derjenige, der sich von Händlern eine vollständige Sammlung angeschafft hat, in der Absicht, später damit Reichtümer zu erwerben.