Im Rahmen unserer Artikelserie „Briefmarkenkunde und Farbenbestimmung“ bringen wir heute Nachfolgende Zuschrift des bekannten und geschätzten Danziger Fachmannes, die ein neuer Beweis für das Interesse ist, das auch nichtphilatelistische Kreise an dem von uns zur Erörterung gestellten Problem nehmen. d.Red. d. B.R.
In dem Aufsatze von Alexander Bungerz über Farbentafeln finde ich eine Bemerkung über die Ostwaldschen Farbenbezeichnungen, der widersprochen werden muss.
Ich untersuche nicht, wie weit für den Briefmarkensammler die zweifelsfreie Bezeichnung der Farbtones einer Marke notwendig ist. Sobald man aber überhaupt einen Farbton zweifelsfrei Bestimmen will, gibt es augenscheinlich kein besseres Verfahren als das Ostwaldsche System.
Der Vergleich mit dem „Bimbam“ der Glocken ist ganz abwegig. Zur Bezeichnung der Töne benutzen wir nicht „Bimbam“, sonder die Töne des wohltemperierten Klaviers, dessen Tasten mit bestimmten Buchstaben bezeichnet werden. Das wohltemperierte Klavier enthält bekanntlich nicht alle in seinem Bereiche möglichen Töne, sondern nur eine Auswahl, die voneinander so weit unterschieden sind, dass ihr Unterschied vom menschlichen Ohr mühelos wahrgenommen werden kann. Genau so ist es mit den Ostwaldschen Farbentabellen. Auch sie enthält nicht sämtliche möglichen Farbtöne, ihre Stufen sind aber so klein, dass sie von einem ungeübten Auge nicht erkannt werden können. Für das geschulte Auge dagegen sind sie deutlich unterschieden und zum genauen Feststellen eines anderen Farbtones vorzüglich geeignet. Ostwald hat als erster nicht nur Reihen von reinen Farben aufgebaut, sondern hat auch dabei die Farbenänderungen berücksichtigt, die durch größere oder geringere Beimischungen von Weiß oder von Schwarz oder von Weiß und Schwarz entstehen. Seine Tabellen enthalten für jede reine Farbe alle Abtönungen die praktisch als verschieden erkennbar sind. Dass Ostwald diese Farbtöne nicht mit Phantasienamen belegt, sondern sie mit Zahlen bezeichnet, ist zweifellos richtig. Seine Zahlen sind zusammengesetzt aus einer Zahl, die die Stellung des reinen Farbtones im Farbkreis angibt, und zwei weiteren Zahlen, die den Anteil von Weiß und Schwarz in dem Mischton angeben. Eine Ostwaldsche Farbenzahl ist ein exakter Begriff.
Wenn der Verfasser darauf verzichtet, die Summe der Farbtöne auszusprechen, so tut er gut daran. Er würde sich eine überflüssige Mühe machen, da Ostwald alle praktisch möglichen und mit geschultem Auge unterscheidbaren Farben in ein übersichtliches und klares System gebracht hat. Das Ostwaldsche Farbensystem bedeutet für alle Berufe, die Farbtöne zweifelsfrei bestimmen müssen., ein unentbehrliches Hilfsmittel. Ich bin sicher, dass der Verfasser jenes Aufsatzes sich auch zu dieser Ansicht bekennen wird, sobald er die Ostwaldschen Arbeiten gelesen hat.
Zur ersten Einführung empfehle ich ihm die „Farbenfibel!“