von
stud.phil Ernst Marré, Leipzig
Ehe wir das Gebiet der Ostwaldschen Farblehre vom Philatelistenstandpunkt aus anschneiden, müssen wir einen Exkurs in die wissenschaftliche Farbentheorie unternehmen. Als wissenschaft-liche Theorie kommt eben vor allem nur die Lehre von Ostwald in Betracht. Sie ist die modernste heute auf dem höchsten Punkt angelangt.
Der Ostwaldsche Farbkörper besteht aus den reinen Spektralfarben: gelb, kress, rot viol (violett), blau, grün. Diese klaren (reinen) Farben bilden eine geschlossene Reihe (Kreis). Jede dieser Farben vermischt sich nun nach oben mit weiß; es entstehen so die hellklaren Farben.
Desgleichen können sich diese (reinen) Farben auch mit Schwarz vermischen. Sie ergeben sich die dunkelklaren Farben. Somit entsteht ein Doppelkegel, dessen oberste Spitze weiß und dessen unterste schwarz bildet. Die sich vom Mittelpunkt am weitesten entfernenden Teile (die Ränder, an dessen die beiden Kegel zusammenstoßen) sind von dem reinen Farbenkreise gebildet. Zwei gegenüber liegende Farben sind Gegenfarben. Ihre Mischung ergibt grau. Somit ist die (senkrechte) Achse das Ergebnis aller dieser Mischfarben. Nämlich Grau. Diese Achse bildet auch gleichzeitig das Ergebnis der Vermischung von Weiß und Schwarz und somit die Norm für die Helligkeits-stufen. Innerhalb des Farbenkörpers liegen alle mit den verschiedenen grau gemischten Farben.
Die Bezeichnung der Farben geschieht folgendermaßen. Der kreis der klaren Farben ist in hundert teile eingeteilt und beginnt mit gelb, das die Bezeichnung 00 trägt, die Gegenfarbe davon ist ultra-marin. Da de gesamte Farbenkreis hundert Teile hat, so steht dieser Farbton von gelb um fünfzig Teile ab. Er trägt somit die Bezeichnung 50. Die Farbe mit der Ziffer 100 würde wieder der von 00 entsprechen und würde wieder gelb sein. Nun ist die Bezeichnung der Helligkeiten (gleichen Weißgehaltes) so gewählt, dass Weiß (an der oberen Spitze) aa trägt. Nimmt der Weißgehalt ab und vermischt sich somit Weiß mit einer klaren Farbe, so werden die durch den immer weniger werdenden Weißgehalt entstehenden Farben (hier Hellklar mit den weiteren Buchstaben des lateinischen Alphabet mit: cegelnp, benannt. Die Farbe, die die Bezeichnung p führt, ist diejenige, die wir als reine Farbe kennengelernt hatten. Dasselben wiederholt sich bei den schwarzen Gleichen. (Näheres siehe in dem „Farbkörper“ von Geheimrat Ostwald.)
Was die Farben braun und oliv anbelangt, so entstehen sie durch Vermischung von Rot und Schwarz, oder mit Gelb. Auch wird was für uns Markensammler vor allem von Wichtigkeit ist, die Bezeichnung von verschiedenen Schwarz erwähnt, je nachdem das Licht vollständig oder nur teil-weise verschluckt wird.
Uns ist also durch das wissenschaftliche Farblehre in der Tat ein Mittel in die Hand gegeben, mit einem Male gegeben, mit einem Male jede unrichtige Farbenbezeichnung von uns zu weisen. Nur bei die Sache eines großen Haken! Lieber Leser, ich frage dich: „Glaubst du, dass du dich in einem Katalog zurechtfinden kannst, in dem sämtliche Farben durch zwei Zahlen und zwei Buchstaben wieder gegeben sind?“ Ich, für meinen Teil glaube ja ich weiß schon jetzt, dass sich bei der Bequemlichkeit, die heute ganz allgemein um eine Bezeichnung dieser Art kümmern würden.
Also würde uns die Ostwaldsche Farblehre in der Praxis nur einen Strich durch die Rechnung machen. Der Schwerpunkt für uns Philatelisten ruht jedoch bei der Anordnung auf unser Gebiet auf einer ganz anderer Stelle. Das sind die Schlussfolgerungen, die Ostwald selbst aus seiner Lehre gezogen hat, nämlich die der erst von ihm gelösten, schwierigen Fragen der Farbenharmonie. Liest man als Philatelist seine Werke, so wird einem erst klar, dass die Markenkunde eine Wissenschaft und keine Spielerei ist.
Fragen wir uns, was bedeutet bei philatelistischen – allgemeinen Druckfarben überhaupt – „Farben“ das was Ostwald die Weißgleichen nennt? Es ist dasselbe, was wir sonst Intensität nennen! Sie entsteht durch stärkeres Auftragen derselben Farbe. Der Farbton bleibt derselbe. Ebenfalls werden Bezeichnungen wie rotgelb erst durch sie verständlich.