Unzulänglicher Versuch, Ein hübsches Danzig-Objekt zu beschreiben
(und wie man solche Objekte erwirbt)
Am 23.8.1923 bekam der Inhaber der Fa. C. C. Leonhardt, Langfuhr, Hauptstrasse 140, grosse Lust, ein paar Drucksachen zu verschicken. Behufs selbigen Zweckes nahm er hallbraune Umschläge normaler Grosse mit seinem vorderseitigen Firmeneindruck und vollbrachte das Werk.
Eine dieser Drucksachen war an Fa. Geschw. Willdorf, Danzig, Lange Brücke 12, gerichtet. Sei es nun, dass die Drucksache etwas zu schwer, sei es, dass Leonhardt die Portostufe ungeläufig, jedenfalls war die Danziger Post mit seiner Einzelfrankatur Michel Nr. 145 = 1000 RM nicht zufrieden. Sie heischte mehr. Sie melte vorderseitig blaue 2000 mit Blaustift und pappte rückseitig mangels lila Portomarken ein senkrechtes Pärchen der Freimarke Nr. 151 drauf. Sie entwertete mittels 1 s mit Lucke und beauftragte mit Tücke ihren Zusteller X., den dadurch sicherlich geschockten Empfänger um 2000 RM zu erleichtern.
Zufolge zweier beamtlicher Kopierstiftvermerke Unterschriften vom 24. und 25. 8. war Adressat nicht nur von Lange Brücke 12 nach vollig unbekannt verzogen, sondern überhaupt im 2. Revier überwiegend unbekannt.
Also erst einmal her mit dem Kastenstempel "Entlastet" und ihn zart aufs Pärchen Nr. 151 gesetzt. Daneben den "Empfänger nicht zu ermitteln" -Stempel. Vorderseitig noch den Stempel "Zurück"mit Gänsefüsschen.
Als die Drucksache am 29.8. endlich in Langfuhr wieder gelandet war, war die Post im Druck. Denn natte sie doch unter dem Druck der Verhdltnisse die Drucksache von Danzig nach Langfuhr unbeportot befordert. Das verlangte rdckwirkend energische Schritte: diese warden rackseitig nachgeholt in Form eines Viererblocks der Nr. P 25, Stempel Langfuhr c.
Und dieses schone Objekt ist seit kurzem im Besitz eines gewissen Karl Kniep, der vor Besitzerstolz immer noch am Zerbersten ist.
Und wie er es erwarb? - Anfang Jänner tauchte Uberraschend und nichts Arges im Sinn, Argemitglied Prantz aus Bad Soden bei ihm auf, ellenlange Fehlliste überreichend. Nach einem kurzen Blick darauf meine Kniep, außer einem Seepoststempel konne er nichts weiter abgeben, worauf Herr Prantz innerlich indianische Siegestanze aufführte und in mittelschweren Euphoriezuständen heimwärts brauste.
Paar Tage sädter die kalte Dusche: Der Unmensch Kniep schrieb, es tate ihm leid, aber er konne den versprochenen Seepoststempel doch nicht abgeben. Herr Prantz brauste erneut, und zwar a) auf und b) stracks retour nach Wiesbaden Äußerlich die Ruhe selbst, Handkuss und Blumen für die Gnädige, innerlich aber ausser sich vor Wut, erdolchende Blicke für den wortbrüchigen Hausvater.
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Arge Danzig, Rundschreiben 80, Seite 1.
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Added: 07/01/2016
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