Aus alten Unterlagen
[Martin Jenrich, Tel: 030-9914166, eMail: martin.jenrich@web.de]
(Literaturbeilage 21)
„Danziger Vorposten“
31.7.1942, Seite 4
Danzigs erste Eisenbahn
Am 5. August 1852 wurde die Strecke Bromberg-Dirschau-Danzig eingeweiht.
Tägliche Probefahrten und kostenlose Einladungen
In diesen Tagen jährt sich zum 90. Male der Tag, an dem man in Danzig die Eröffnung der Bahnlinie Danzig-Dirschau feierlich begehen konnte. Zwar stand Danzig auch vorher schon durch den regen Schiffsverkehr über See und Weichsel sowie durch die Überlandposten mit allen wichtigen Handelszentren in steter Verbindung, doch blieb es erst dem schneller und bequemer dahineilenden Dampfwagen beschieden, dem Handel und Verkehr Danzigs neue Wege zu weisen.
Der Bau der Danzig - Dirschauer Eisenbahn fällt in den Anfang der zweiten Hälfte des vorigen Jahrhunderts. Zwei Jahre hatte der Bau gedauert; er kostete die Kleinigkeit von 2.000.000 Taler, denn der Grund und Boden im Werder war außerordentlich teuer, dazu kamen verschiedene Brücken über die Mottlau, Kladau, Radaune und den Stadtgraben. Ganz besonders schwer gestaltete sich die Einführung der Eisenbahn in die damalige Festung Danzig mit Durchbruch der Umwallung am Leegetor.
Schon am 19. Juli 1852 erlebte Danzig den großen Tag, an dem die erste Lokomotive, mit Grün reichlich geschmückt, über die in höchster Eile fertiggestellte Brücke in den Ostbahnhof Leegetor, damals einer der schönsten und angeblich auch größten Bahnhöfe des Kontinents, einrollte. Die obersten Militär- und Zivilbehörden mit dem Bürgermeister G r o d d e c k an der Spitze waren auf dem Perron versammelt. Zehntausende Danziger standen in der Nähe, um sich das wichtige Ereignis nicht entgehen zu lassen. Als dann die Begrüßung beendet war und sich die illustre Gesellschaft zur weiteren Feier nach Jäschkental ins Kaffee Schröder begeben hatte, stürmten die Zuschauer den Bahnhof, um das Dampfroß aus nächster Nähe zu bewundern. Der Zudrang war so stark, daß die Zugmaschine schnellstens den Bahnhof verließ, um in Praust in Ruhe übernachten zu können.
Nach diesem Tage machte die Maschine mit einigen Wagen tägliche Probefahrten zwischen Danzig-Dirschau bis Bromberg, zu denen kostenlose Einladungen ergingen, denn im großen und ganzen standen die Menschen jener Zeit der Eisenbahn noch recht skeptisch gegenüber.
Am 5. August war dann Schluß mit diesen Freifahrten. Nachdem am Vormittag in alter Weise der Dominik eingeläutet worden war, machte man sich fertig für den angesagten Königsbesuch. Ganz Danzig war auf den Beinen. Die Behördenvertreter in Gala hatten sich auf dem Bahnsteig versammelt, die Damen im schönsten Flor auf einer in der Nähe errichteten Tribüne. Dazu kamen die Spitzen des Militärs, Truppenabordnungen, Musikkapellen und eine unübersehbare Menge Volks. Ein kleines Mißgeschick ereignete sich dabei: der Zug fuhr nicht bis zur Rednertribüne, auf der der Bürgermeister Groddeck zur Begrüßung seines Landesherrn stand, sondern er hielt schon erheblich früher, so daß der König des sich atemlos durch das Gedränge hindurchwindenden Redners gar nicht ansichtig wurde und sofort den Bahnsteig verließ.
Um dem König die Anlagen an der Mottlau zu zeigen, hatte der Magistrat die schön geschmückten neuen Raddampfer „Blitz“ und „Pfeil“ an die Rampe beordert. Der König bestieg den „Blitz“, sein Gefolge den „Pfeil“, und so fuhr man nach Neufahrwasser hinaus, wo in einem Festzelt vor dem Lotsenturm ein Imbiß gereicht wurde. Noch am selben Abend stach der König in See nach Rügen.
Danzig hatte seine erste Eisenbahn. Der Ostbahnhof am Leegetor bestand als Personen-und Güterbahnhof über 50 Jahre. Er besaß außer dem Empfangsgebäude eine „recht anständig“ und „hübsch“ eingerichtete Restauration, ein Postgebäude, ein Telegraphenamt und einen Güterboden.
Die Fahrt nach Berlin allerdings dauerte damals 24 Stunden.
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Arge Danzig, Rundschreiben 258, 1. Quartal 2018, Seite 3147.
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Added: 30/12/2017
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