Gleichzeitig mit ersten kirchlichen Protesten wurden die Tötungen nach „Leerung“ ganzer Anstaltsteile von Heil- und Pflegeanstalten seit 1942 nicht mehr zentral, sondern weniger offensichtlich und dezentral fortgesetzt.
Mit der von Hitler auf den Tag des Kriegsausbruchs, am 1. September 1939, zurückdatierten Euthanasie-Ermächtigung wurde der gezielte Massenmord an psychisch Kranken und geistig Behinderten eingeleitet. Dabei kam der Landesanstalt Großschweidnitz - eine sächsische Gemeinde im Landkreis Görlitz südlich der Stadt Löbau - eine erhebliche Bedeutung zu. Weil Großschweidnitz mit zunehmendem Verlauf des Krieges zu den letzten großen intakten Krankenanstalten gehörte, wurden viele Schwerkranke aus allen Teilen Deutschlands hierher verlegt. Damit war die Einrichtung völlig überfordert, und die Versorgung der Patienten verschlechterte sich drastisch. Der Druck, ständig neue Kranke aufnehmen zu müssen, führte in Verbindung mit der Naziideologie vom lebensunwerten Leben zu Medikamentenüberdosierungen, Nahrungseinschränkungen, Unterkühlung und Demobilisation. Großschweidnitz wurde damit zu einem Zentrum der wilden Euthanasie. Außerdem erfolgten Transporte von dort in die Tötungsanstalt Pirna - Sonnenstein.
Die nach den Akten geisteskranke Schneiderin Herta Pasternack aus Danzig wurde am 16. März 1937 aus der Pflegeanstalt in Danzig-Silberhammer in die Provinzial-Heil- und Pflegeanstalt in Riesenburg/Westpreußen gebracht
Brief von Fritz Sander, Pfleger und Vormund von Herta Pasternack, vom 25.9.1937
aus Danzig-Langfuhr an den Direktor der Pflege- und Heilanstalt Riesenburg.
„Als Pfleger des in Ihrer Anstalt befindlichen Fräulein Herta Pasternack bitte ich um gefl. Mitteilung des Gesundheitszustandes derselben. Besteht evtl. Aussicht auf Unterbringung in einem Privat-Haushalt? Beiliegendes Schreiben bitte Fräulein Pasternack aushändigen zu wollen.
Mit deutschem Gruß
Fr. Sander
Arge Danzig, Rundschreiben 268, 3. Quartal 2020, Seite 3526
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Added: 23/11/2020
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