Sowohl die Brücken bei Dirschau als auch bei Graudenz werden bei der Planung des „Fall Weiß“ als strategisch wichtige Objekte gesehen. Generaloberst v. Bock beabsichtigt, „baldmöglichst die Weichsel zwischen Dirschau und Graudenz zu überschreiten, um die schnelle Vereinigung der Masse der Heeresgruppe ostwärts der Weichsel zu erreichen.“ Der Auftrag für die Heeresgruppe Nord lautet „…am Y-Tag durch Zusammenwirkung pommerscher und ostpreußischer Kräfte die Verbindung zwischen dem Reich herzustellen. Der Weichselübergang bei Dirschau ist im Handstreich zu nehmen.“ Mit der Durchführung des Unternehmens bei Dirschau wird Oberst Medem, Pionierkommandeur des I. Armeekorps, beauftragt. Ihm stehen dazu u. a eine Artillerieabteilung, ein Infanterieersatzbataillon und eine Gruppe von Sturzkampfflugzeugen des Geschwaders 3 und der Eisenbahn-Panzerzug 7 zur Verfügung. Geplant ist, dass ein planmäßiger deutscher Güterzug die Brücke unmittelbar vor Kriegsbeginn überfahren und somit für die Öffnung der polnischen Sperren und Tore sorgen soll. Die Stukas sollen die Zündkabel der an der Brücke angebrachten Sprengladungen zerbomben und den Unterstand, aus dem heraus die Zündung erfolgen würde, vernichten. Unmittelbar nach der Zerstörung der Zündkabel sollen in dem Güterzug verborgene Pioniereinheiten die Sprengkapseln unschädlich machen und die an der Brücke befindlichen Verteidiger ausschalten. Der dem Güterzug unmittelbar nachfolgende Panzerzug soll mit seiner Feuerkraft die weiteren polnischen Verteidiger außer Gefecht setzen und die Brücke bis zum Eintreffen regulärer deutscher Verbände der Wehrmacht sichern.
Feldpostkarte vom 9. Oktober 1939 aus Danzig mit FP-Stempel FELDPOST I dzg FP.-Nr. 03841 = Eisenbahn-Panzerzug 3
„Daß ich an der Ostfront bin, habt Ihr wohl mittlerweile erfahren. Gegenwärtig stehen wir mit dem Panzerzug in Danzig und befahren täglich das nördliche ehem. Korridorgebiet.“
Der Eisenbahn-Panzerzug 3 gehörte zum AOK 4 im Bereitstellungsgebiet Stettin. Bei Kämpfen um Konitz Anfang September 1939 wird er schwer beschädigt und nach Danzig zur Reparatur gebracht.
Der polnischen Verwaltung wird für den 1. September 1939 der aus 65 Wagen bestehende planmäßige deutsche Güterzug 963 gemeldet. Mit ihm wird nach der Überwältigung des polnischen Personals die deutsche Pioniereinheit 41 eingeschleust. Um 3:08 Uhr tritt der Zug - scheinbar aus Ostpreußen kommend - seine Fahrt ins Reich an. Auf der weiteren Fahrt folgt dem planmäßigen Güterzug der Eisenbahn-Panzerzug 7. Damit dieser auf dem zu Danzig gehörenden und von polnischen Eisenbahnern überwachten Streckenabschnitt nicht gemeldet wird, werden auf der Strecke alle polnischen Streckenposten von aus Danzig operierenden Kommandogruppen festgesetzt und zum Großteil ermordet. In Simonsdorf wird der Zug kurz aufgehalten, findet aber bei Dirschau die östliche Einfahrt zur Brücke verschlossen und die Gleise mit Schienen versperrt vor, möglicherweise, weil der Leiter der polnischen Zollstation in Simonsdorf die Wachen an der Brücke noch warnen kann, bevor er von deutschen Einheiten erschossen wird.
Brücke und den Unterstand, von dem aus die Sprengung durchgeführt werden soll - zwölf Minuten vor dem offiziellen Kriegsbeginn, den der Beschuss der Westerplatte um 4:45 Uhr durch das Schulschiff Schleswig-Holstein einleitet.
Hits: 1727
Added: 20/05/2021
Copyright: 2024 Danzig.org