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Aus alten Zeitschriften und Zeitungen
[vorgelegt von Ronald van Waardhuizen, ronny@vanwaardhuizen.com]
Briefmarken-Rundschau vom 9.September 1920
Beilage der Danziger Zeitung Nr. 13
Die letzte Ausgabe der Danziger Marken.
Von Th. Reimann
…Welche Gründe die Postverwaltung dazu veranlaßten, 2, 2 ½, 3 und 7 ½-Pfennig-Marken in den
Verkehr zu bringen, in einer Zeit, in der diese Marken einzeln gar keinen Frankaturwert besitzen, mag
dahingestellt bleiben. Bringt man sie aber in den Verkehr, dann müßten mindestens so viele Marken
vorhanden sein, daß jeder Käufer derselben so viel erhielt, daß er damit auch einen Brief frankieren
konnte. Das war jedoch nicht der Fall. Die Beliebtheit, der sich die Danziger Marken in
Sammlerkreisen erfreuen, brachte es mit sich, daß diese gebrauchten Werte ganz besonders gesucht
wurden. Endlose Polonaisen an den Schaltern geben davon Zeugnis. Wie herbe war die Enttäuschung,
als jeder Käufer nur eine Marke (der kleinsten Werte) erhielt. Eine geradezu gereizte Stimmung des
Publikums machte sich bemerkbar, als nach etwa 2 Stunden an den Schaltern ein Aushang erschien,
der bekannt machte, dass 2, 2 ½, 30 und 50-Pfennig-Marken ausverkauft seien, obwohl diese Werte
nur in einem Stück jeder Sorte abgegeben wurden. Im günstigsten Falle konnte man nun nach
stundenlangem Anreihen eine Marke zu 3, eine zu 7 ½ und beliebige Mengen zu 40 und 80 Pfennig
erhalten.
Ob es seitens der Post berechtigt ist, für eine 7 ½-Pfennig-Marke 8 Pfennig zu nehmen, soll hier nicht
untersucht werden; es müßte jedenfalls richtiger gewesen sein, den Verkauf der 7 ½-Pfennig-Marke
einzustellen, sobald die 2 ½-Pfennig-Marke ausverkauft war, oder man hätte nunmehr 2 Stück zu 7 ½
Pfennig abgeben müssen. An einem Postamt erhielt man sogar die kleinen Werte überhaupt nicht,
wenn man nicht auch die noch vorhandenen höheren Werte kaufte…
Stellten sich bei der Ausgabe der ersten Danziger Marken unliebsame Zustände ein, so konnte man das
darauf zurückführen, daß die Danziger Postverwaltung von der Reichsdruckerei in Berlin abhängig
war. Die Herstellung der letzten Ausgabe vollzog sich aber in Danzig, und man hatte dadurch die
Möglichkeit, die sich bei der ersten Ausgabe zeigenden Übelstände zu vermeiden. Das Gegenteil
davon trat ein. Lt. Bekanntmachung im „Postnachrichtenblatt“ wurden ferner die Werte 60 Pfennig, 1
Mark und 2 Mark (mit einem zum Teil anderen Aufdruck versehen) verausgabt. Am selben Tag, als
die letzte Ausgabe in den Verkehr gelangte, prangte in den Schaufenstern eines Zigarrengeschäftes in
der Töpfergasse ein ungebrauchter Satz Danziger Briefmarken mit den Werten von 2 Pfennig bis 10
Mark und – man lese und staune – auch mit den Werten 60 Pfennig, 1 Mark und 2 Mark
(ungebraucht), die nur im inneren Postverkehr verwendet werden sollten. Dieser Satz kostete am
Montag 300 M, am Dienstag 400 Mark und wird heute mit 730 Mark und mehr angeboten.
Es mußte ein großer Glücksvogel sein, der solch eine Marke in dienstlicher Angelegenheit erhielt, und
dann sollte sie auch gebraucht sein. Sieht man als Sammler so ein Stück ungebraucht, hat man die
Empfindung, daß es mit dem „inneren Verkehr“ nicht weit her ist und daß man, wenn man Geld hat,
auch diese „inneren“ Marken wird bekommen können. Bei all diesen Umständen wird der Sammler
den Gedanken nicht los, daß hier auf die Taschen der Sammler spekuliert worden ist…
Bei dieser Gelegenheit möchte ich der weit verbreiteten Ansicht entgegen treten, daß die jetzigen
unmöglichen Zustände nur auf Sammelwut zurückzuführen sind. Wer sich die Mühe macht und auf
den Postämtern den Betrieb an den Schaltern beobachtet, der wird finden, daß Leute dort Marken
kaufen, die vom Markensammeln gar keine Ahnung haben. Diese Leute, zumeist Ausländer,
verpflichten sich gegen Bezahlung Kinder, die sie von der Straße holen, damit sie möglichst viel
Marken aufkaufen, um sie im Auslande mit Wucherpreisen weiter zu verkaufen. Diesen Spekulanten
müßte in erster Linie das Handwerk gelegt werden…

Rundschreiben 284, Seite 4185


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