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Gallery » Arge Danzig, Rundschreiben 221 - 4. Quartal 2008 » Der 'Korridor' zwischen Polen und dem Deutschen Reich

>> Der „Korridor“ zwischen Polen und dem Deutschen Reich
[Martin Jenrich, Tel. 030-9914166, E-Mail martin.jenrich@web.de]

Diese konnte aber durch mehrmalige Verzichtserklärungen deutscher Nachkriegsregierungen (DDR und BRD) und endgültig durch den Abschluss des Zwei-plus-Vier-Vertrages 1990 gelöst werden.

-  Bevölkerungsentwicklung;
1910 lebten im Gebiet des späteren polnischen Korridors knapp 990.000 Menschen. Wie viele davon Deutsche waren, ist in der Literatur umstritten. Der Historiker Helmuth Fechner gibt an, dass 64,4 % der Bewohner Deutsch als Muttersprache gehabt hätten, im benachbarten Regierungs-bezirk Marienwerder, der mit einer Mehrheit von 92,36 % für den Verbleib beim Deutschen Reich votierte, dagegen nur 58,8 %. Im „dtv-Lexikon zur Geschichte und Politik im 20. Jahrhundert“ wurde 1974 geschätzt, der deutsche Bevölkerungsanteil im polnischen Korridor habe 1919 bei „mindestens 50 %“ gelegen. Der amerikanische Historiker Richard Blanke kommt dagegen 1998 zu dem Ergebnis, 1910 seien die Deutschen im späteren Abtretungsgebiet mit 42,5 % in der Minderheit gewesen.
Nach der Abtrennung vom Deutschen Reich 1920 und der Übergabe des Gebietes an Polen nahm der Anteil der Deutschen an der Gesamtbevölkerung deutlich ab. 1939 betrug er nur noch 10 %. Tausende Deutsche verließen das Gebiet schon im letzten halben Jahr vor der Abtretung an Polen, als die Beschlüsse des Versailler Vertrages bereits bekannt, jedoch noch nicht in Kraft getreten waren. Gründe waren emotionale Faktoren, wie der Verlust der zuvor eingenommenen privilegierten Stellung, die Abneigung, sich in einen polnischen Staat einzufügen, die „spürbar hasserfüllte Atmosphäre“ sowie die von vielen mit einer gewissen Berechtigung erwarteten „antideutschen Verwaltungs- und Neuordnungsmaßnahmen des polnischen Staates und seiner Behörden“. Der spätere polnische Bildungsminister Stanislaw Grabski hatte zum Beispiel im Oktober 1919 in Posen erklärt: "Das fremde Element wird sich umsehen müssen, ob es nicht anderswo besser aufgehoben ist."
Weitere Zehntausende Deutsche verließen das Gebiet nach dem Anschluss an Polen auf Grund repressiver Maßnahmen des polnischen Staates. Im Gegenzug zu vorangegangener Diskriminie-rung und Germanisierungsversuche der polnischen Bevölkerung durch den preußischen Staat bemühte sich die polnische Regierung, die Deutschen zu verdrängen, die nun eine Minderheit dar-stellten. Viele Deutsche wurden ausgewiesen, insbesondere Militärangehörige und Beamte, die als Repräsentanten der vorangegangenen Unterdrückung galten. Dasselbe galt für alle Deutschen, die ihre ursprüngliche Staatsangehörigkeit behalten wollten (sogenannte 'Optanten'). Sie wurden 1925 als illegale Ausländer des Landes verwiesen. Dabei kam es auch zu Enteignungen und Zwangsräumungen. Einige der prinzipiell garantierten deutschen Schulen wurden geschlossen. Auf Grund des Antisemitismus, der in allen polnischen Gesellschaftsschichten vorhanden war, emigrierten in der Zwischenkriegszeit auch viele Juden aus dem Korridor nach Deutschland. Gleichzeitig wurden der Zuzug und die Ansiedlung polnischer Familien aus anderen Gebieten Polens, vor allem aber polnischer Familien aus dem Ausland, die nach der nun gewonnenen Unabhängigkeit Polens ins Land drängten, durch den polnischen Staat gefördert. Die von der zweiten polnische Republik betriebene Deutschenpolitik ('odniemczenie = Entdeutschung') war nachgerade eine Nachahmung der preußischen Polenpolitik vor 1914.
Die Bevölkerung des polnischen Korridors betrug um 1930 etwa zwei Millionen, von denen 78 % Slawen (Polen und Kaschuben), 19 % Deutsche und 3 % Juden waren. Die deutsche und die jüdische Minderheit lebten überwiegend in den Städten und stellten in der Industrie und im Gewerbe die Mehrheit der Beschäftigten. 94 % der Bevölkerung war römisch-katholisch. Es existierten kleine Minderheiten an Protestanten und Juden.
In den Jahren 1944 bis 1947 wurde die deutsche Bevölkerung aus dem ehemaligen Gebiet des polnischen Korridors vertrieben, sodass es heute fast ausschließlich polnisch und kaschubisch besiedelt ist.

-  Meinungen zum ‚Korridor’ (Kasten links oben in der Landkarte S. 1830);

--  General Smuts, britischer Mitunterzeichner des Versailler Vertrags: Einer der hauptsächlichen Fehler in der Politik des Vertrags von Versailles war die übertriebene Vergrößerung Polens, weil
das den zukünftigen Frieden in Europa bedroht, und ich dringe darauf, dass jedes Mittel recht ist, dass das zurückgenommen wird, bevor es zu spät ist.
--  Hitler; Lassen Sie uns die Angelegenheit in Frieden regeln; Deutschland bittet um eine Straße und ein Gleis.
--  Polen; Außer dem Korridor fordern wir Ostpreußen und die ganze baltische Küste bis Stettin.

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Arge Danzig, Rundschreiben 221, Seite 1832.


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Added: 17/10/2008
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