>> Von der Schwierigkeit, ein deutsch–polnisches Buch zu schreiben
Zunächst lief alles nach Plan. Der katholischen Kirchendruckerei Bernardinum in Pelplin gehört ein Verlag, der unter anderem auch die Gutenberg-Bibel herausgab. Die Druckerei war ebenfalls vorhanden und mein Plan wurde dort mit großer Begeisterung aufge-nommen. Was sollte da noch schief gehen? Als Titel wurde ein Text aus einem Werbestempel der Danziger Post ausgesucht;
Als Reiseziel erwähl sich jeder Danzig und seine Ostseebäder.
Dieser unverfängliche Titel sollte dann am Ende auch zum Problem werden. Zunächst gab es nur den unbedeutenden Fehler im Layout, dass es anfangs nicht „erwähl“ sondern „erwählt“ hieß. Dieser Fehler konnte noch korrigiert werden. Dann aber kam das Problem, welcher Text in diesem Buch zuerst erscheinen sollte, der deutsche oder der polnische. Wir einigten uns nach endlosen Debatten - die auch die Herausgabe verzögerten - schließlich darauf, dass in einem Teil der Auflage der Titel in deutscher Sprache auf dem Cover erscheint, im Inneren aber die polnische Sprache beginnen durfte. Der Direktor des Verlages sollte, genau wie ich, ein Vorwort schreiben. Hierzu sah er sich dann, als es zum „Schwur“ kam, nicht mehr in der Lage. So blieb es dann bei meinem Vorwort und einem gemeinsamen Nachwort im ersten Band. Doch was war mit dem Titel?
Als der erste Band im Juli 2008 erschien, gab es plötzlich Probleme mit polnischen Historikern. Der Aufbau des Buches war so gewählt, dass im ersten Band die Geschichte mit Bodenwinkel begann und mit Danzig endete. Im zweiten Band sollte dann chronologisch Langfuhr beginnen und den Schluss Zoppot bilden. So sah es das beschlossene Konzept vor.
Da sich die beiden Bände mit Ansichtskarten beschäftigten, die überwiegend von Urlaubern und Touristen geschrieben wurden, gehörte nach meinem Verständnis auch die Marienburg und der Weg dorthin mit zur Geschichte. Folglich ist im Band 1 auch die Geschichte der Weichselbrücken und der Brücken über die Nogat enthalten.
Der zweite Band sollte dann auch Karthaus und Hela erwähnen, weil die Urlaubsdampfer eben auch nach Hela fuhren und ein Besuch der Kaschubischen Schweiz mit Karthaus gleichwohl zum Urlaubsprogramm der damaligen Zeit gehörte. Wer glaubt, dem Autor sei diese darstellerische Freiheit erlaubt, hat seine Rechnung nicht mit polnischen Historikern gemacht.
Folglich protestierten sie bereits gegen Band 1 und erst recht gegen Band 2. Die Orte und Brücken hätten nichts mit dem Freistaat zu tun, seien immer schon polnisches Gebiet gewesen und hätten deswegen in den Büchern nichts zu suchen. Der Verlag bekam „kalte Füße“, der Direktor verzögerte mit allen Mitteln die Herausgabe und den Druck des zweiten Bandes. Karthaus lag, genau wie Hela, im polnischen „Korridor“ und sei daher polnisches Hoheitsgebiet. Da kommt also wieder ein Deutscher, der die Zeit zurückdrehen will. Alte Wunden, die man als lange geheilt angesehen hatte, platzten wieder auf. Das auf Versöhnung ausgelegte Konzept meines Buches verkehrte sich ins Gegenteil.
Nun folgten endlose Gespräche, die die Herausgabe des zweiten Bandes eine zeitlang als unwahrscheinlich erscheinen ließen. Auch der Hinweis auf die Versailler Verträge und der wechselhaften Geschichte half nicht unbedingt weiter. Mit keiner Silbe wurde in den beiden Bänden die Geschichte verfälscht. Geschichte ist nun einmal Fakt, über politische Fehlleistungen kann man streiten. Beide Bände verzichteten aber auf Propaganda und besonders darauf, Gefühle auf beiden Seiten zu verletzen. Dies alles reicht aber einem hoffentlich kleinen Teil „ewig Gestriger“ nicht aus, um darauf ihr Süppchen zu kochen. Ich bot daher den polnischen Historikern an, auf zwei Seiten am Ende des Buches ihre Sichtweise zum Ausdruck zu bringen. Dieser Vorschlag war der entscheidende Durch-bruch. Die Historiker verzichteten darauf und hatten nun keine Einwände mehr.
Arge Danzig, Rundschreiben 222, Seite 1882.
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Added: 31/01/2009
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