>> "Echt". "Falsch". "Gefälligkeit" bei Inflationsmarken ?
des Landesherren auf ihnen. Gleichzeitig erkannten die Finanzbehörden In Bayern. daß sich durch den Verkauf dieser Marken zu Sammelzwecken erheb1:- che zusätzliche Einnahmen erzielen ließen. Man begann Wertstufen zu emittie-ren. für die nicht der allergeringste postalische Bedarf herrschte (Bayern 1-5 Mk. Postscheckpapier. 5-20 Mk. Luitpold, Marken zu 10 und 20 Mk. sowie alle geschnittenen Marken). Die Sammler liefen dagegen natürlich Sturm, machten aber schließlich genau das gleiche wie heute, sie kauften. Da das Sammeln gestempelter Marken damals üblich war und damit außerdem keine Gefahr be-stand. daß die Post irgendwann noch eine Gegenleistung erbringen mußte, wur-den die Marken oft gleich massenweise gestempelt.
Dies erfolgte in Bayern an einigen Stellen meist mit neuen Stempeln. die auch - wenngleich selten - im normalen Postdienst verwendet wurden (z.B. Versand der Marken). Die Art des Verkaufs variierte mit der Zeit stark. Hochwertige Marken wurden zuerst häufig über ganz wenige bedeutende Händler (u.a. Zechmeyer-Nürnberg und Kosack-Berlin) abgesetzt, die den weiteren Vertrieb gewissermaßen als Agentur übernahmen und gestempelte Marken bogenweise zu stark ermäßigten Preisen erhielten. Ferner wurden in München und später zeitweise in vielen anderen Orten eigene Sammlermarkenverkaufsstellen geschaffen. die Postwertzeichen zu bestimmten Bedingungen - wie Luxussteuerzuschlag - abgaben) .
Da bis dahin die Abstempelungen dieser Stellen zeitgerecht waren und normale - wenn auch neu angeschaffte - Poststempel benutzt wurden, fallen sie unter den Begriff "echt".
Nach Aufgabe der bayrischen Posthoheit am 31.3.1920 wollte das bayrische Finanzministerium nicht auf die Einnahmen aus dieser Quelle verzichten und setzte noch Marken ab, die mit einigen dieser besonderen Stempel entwertet waren. Allerdings wurden wenige davon jetzt sehr häufig rückdatiert und dabei unbewußt bisweilen unmögliche Daten eingesetzt (z.B. Februar 20 bei geschnittenen Marken, Erstverkauf 4.3. (4) ). Jedoch sind meistens die wenigen zeitgerechten von den vielen rückdatierten Entwertungen mit diesen bestimmten Stempeln wegen der gleichen Stempelfarbe (im Gegensatz zu DR-Inflation) nicht zu unterscheiden und werden - um nicht zu viele Sonderzeichen einführen zu müssen - ebenfalls mit einem schraffierten Kreis signiert. Dieser bedeutet hier also nicht "Gefälligkeit" wie bei Württemberg!
Weil diese Marken alle aus offizieller Quelle stammten. oft in "Postkilowaren" enthalten zusammen mit Verkehrsware, blieben diese Machenschaften jahrzehnte-lang verborgen. Obige Erkenntnisse konnten erst nach umfangreichen Studien von Verordnungsblättern und Handakten in Archiven gewonnen werden.
Solcherart mißbrauchte amtliche Entwertungen sind natürlich wertmäßig der. echten Abstempelungen weit unterlegen. Echt gebrauchte bayrische Marken der Wertstufen über 3 MK. und alle geschnittenen Marken sind selten, und das schließt die normalen zeitgerechten Abstempelungen zu Sammelzwecken ein. Man mdß sich fast die Frage stellen, ob diese manipulierten Ausgaben sammel-würdig sind (vergleiche Scheichtümer und Sperrwerte!), dienten sie doch nur einem Zweck, dem Sammler das Geld aus der Tasche zu ziehen. So wurden 95% der 10 Mk.- Luitpold-Marken zu Sammelzwecken verkauft, zu postalischen Zwecken genügte der lächerliche Rest.
Interessant ist in diesem Zusammenhang der offizielle Grund für die Ausgabe geschnittener Marken s ) : "Die bayrische Postverwaltung wird tatsächlich, sobald ausreichende Vorräte vorliegen, Dienstmarken und Briefmarken nicht perforiert zu Sammelzwecken verkaufen. vermutlich werden letztere auch zur Brieffrankatur zugelassen werden, um die Schaffung von "Raritäten" durch Einschmuggeln geschnittener Marken in den Postverkehr zu verhindern. Zum Verkauf ist die bayr. Postverwaltung gezwungen, da in zahlreichen Anzeigen. besonders von Markenhändlern. die bayr. Briefmarken geschnitten zu sehr hohen Preisen angeboten werden, obwohl bekannt sein muß, daß dieselben fast ausnahmslos nur auf unerlaubten Wegen in den Verkehr gekommen sein können". Hinter diesen "unerlaubten Wegen" verbarg sich tatsächlich, daß der damalige Postminister v. Fraunhofer etliche ungezähnte Marken sowie zahlreiche Makulaturdrucke in seinen Besitz brachte und in den Markt einschleuste. Nach Entdeckung der Affäre nahm er sich das Leben.
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Arge Danzig, Nr. 122, Seite 2.
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Added: 31/10/2015
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