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Aus alten Unterlagen (Lit.-Beilage 2)
[Martin Jenrich, Tel. 030-9914166, eMail: martin.jenrich@web.de]

Heinrich von Stephan und seine Beziehung zu Danzig
(von Karl Kniep, D-6200 Wiesbaden, 5. Mai 1981)

Heinrich von Stephan, geboren am 7.1.1831 in Stolp, trat am 20.2.1848 "zur Erlernung des praktischen Postdienstes" beim dortigen Postamt an. Nach einem Jahr Ausbildung beantragte er die Versetzung, um den Dienst außerhalb kennenzulernen. Er war dann fast ein Jahr in Marienburg.
Um dorthin zu gelangen, nahm er am 30.9.1849 Abschied von der Familie, um mit der "Schnellpost" (etwa 10 km pro Stunde) über Lauenburg, Neustadt und Zoppot abends um 9 1/2 Uhr in Danzig einzutreffen, wo er sich beim preußischen Postamt in Danzig meldete. Er erhielt Quartier und machte am nächsten Tag einen Stadtbummel, der ihn auch in die Marienkirche führte, wo er Memlings berühmtes "Jüngstes Gericht" betrachtete und auch den Pfarrturm bestieg. Nachmittags reiste er über Dirschau nach Marienburg, wo er um 6 Uhr abends eintraf.
Am 20.8.1850 wurde Stephan nach Danzig versetzt, um den Dienst bei einer Oberpostdirektion kennenzulernen. Der Verfügung lag der übliche vom Präsidenten des preußischen Staats-ministeriums vollzogene Post­freipaß bei für die Fahrt und 80 Pfund Beigepäck, das bei Stephan vor­zugsweise aus Büchern bestand. Er meldete sich in Danzig bei dem Bezirkschef Oberpostdirektor Weppler, er meldete sich auch sofort zur Postassistentenprüfung an. Dies wurde abgelehnt, da bestimmungsgemäß erst nach drei Jahren Postdienst diese Prüfung vorgesehen war. Stephan schrieb an das Generalpostamt in Berlin und hatte Glück.
Wegen seines guten Marienburger Zeugnisses ließ man ihn zwar zur Prüfung zu, stellte ihm aber ein Thema, das unter den besonderen damaligen Verhältnissen (speziell mit Österreich) selbst von einem älteren Postmann nicht hätte bewältigt werden können (Erörterung, ob ein auf Zentralisation oder ein auf Dezentralisation gegründetes Verwaltungssystem den Vorzug verdiene).
Stephan erklärte sich entschieden für eine dezentralisierte Verwaltung und begründete dies durch Erörterungen klar und erschöpfend. - Damals war es üblich, die angehenden Beamten in einer Fremdsprache zu prüfen, das war Englisch oder Französisch nach Wunsch. Stephan schlug außer diesen beiden Sprachen auch noch Italienisch und Spanisch vor. Da mußte die Kommission passen, und nun ließ sich Stephan in Englisch und Französisch prüfen. - Später lernte Stephan auch noch Ungarisch und Arabisch, konnte auch Hieroglyphen lesen und war zu der berühmten vierwöchigen Expedition eingeladen, die der Eröffnung des Suezkanals vorausging.
Stephan bestand die Prüfung mit Auszeichnung und war damit der jüngste Postbeamte Preußens, vermutlich der jüngste Beamte überhaupt. In einem Brief an seinen Vater schilderte er begeistert die Sehenswürdigkeiten Danzigs und erwähnt beiläufig am Schluß seinen Prüfungserfolg, Sein Gehalt stieg mit der bestandenen Prüfung von 10 Thalern auf 25 Thaler monatlich. - Jedoch schon am 2.10.1850 stand Stephan in der Kaserne in Magdeburg, er ist also nur ganze 7 Wochen in Danzig gewesen. Von der Musterung her ist auch seine Größe bekannt: 5 Fuß und 7 Zoll.
Neben all seinen bekannten Verdiensten war Stephan noch ein Universalgenie. In Florenz, Neapel und im Vatican studierte er alte Schriften über die Straßenzüge des römischen Reiches. Er war in der Musik bewandert, spielte Geige, betrieb Studien über Mineralogie, schrieb eine Arbeit über die Flora Misdroys, verfaßte Gedichte und war trotzdem ein sich einfach gebender und humorvoller Mensch. - Auch in hohem Alter ging er noch auf die Jagd.

Wir beschließen die Episode mit dem damaligen Scherz: Wo speist man am billigsten?  Natürlich bei Stephan! Nämlich Couvert 10 Pfennig, Karte 5 Pfennig, Lecken umsonst!

Arge Danzig, Rundschreiben 253, 4. Quartal 2016, Seite 2954.


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Added: 02/10/2016
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