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>> Post aus dem Ghetto in Łódź über Danzig in die USA

Ende 1940 waren alle Nahrungsmittel rationiert und nur noch über Nahrungsmittelkarten erhältlich. Die Überlebenschancen im Ghetto waren allein von den Arbeitsmöglichkeiten abhängig; die gesamte Bevölkerung zwischen 10 und 65 Jahren wurde einer faktischen Arbeitspflicht unterworfen. Die Organisationsstruktur des Ghettos bestand aus der deutschen Ghettoverwaltung unter der Leitung von Hans Biebow, deutscher Polizeiaufsicht und der sogenannten jüdischen Selbstverwaltung, der Mordechai Chaim Rumkowski vorstand.

Die Ghetto-Chronik

Innerhalb der jüdischen Ghetto-Verwaltung wurde im November 1940 unter strikter Geheimhaltung ein Archiv gebildet, zu dessen Aufgaben die Sammlung von Dokumenten und Materialien für eine künftige Darstellung der Geschichte des Ghettos gehörte. In diesem Archiv erstellten vom 12. Januar 1941 bis zum 31. Juli 1944 vorwiegend Journalisten und Schriftsteller die Getto-Chronik, zunächst auf Polnisch, später auch auf Deutsch. Täglich wurde ein Eintrag angefertigt, in dem über wichtige Ereignisse im Ghetto berichtet wurde, so über Geburten- und Sterbezahlen, Unfälle, der Versorgung des Ghettos, Nachrichten aus den Produktionsstätten bis hin zu Krankheiten und Todesursachen. Zu den Chronisten gehörten Joseph Klementynowski, Julian Zucker Cerski, Shmuel Hecht, Bernard Heilig, Abram Kamieniecki, Bernard Ostrowski, Oskar Rosenfeld, Oskar Singer, Peter Wertheimer, Joseph Zelkowic, Jerachmil Bryman, Moszek Nowak, Alice de Buton und Celina Jaszuńska.

Postkarte, geschrieben von Celina Jaszuńska am 15. Februar 1940 in Lodsch, eine Woche nach Errichtung des Ghettos.

Lieber Louis! Seit Mitte August haben wir keine Nachricht mehr von Harry noch von Dir erhalten. Wir sind bei unserer Tochter in Lodsch. Ich bitte Dich sehr sofort nach Erhalt dieser Postkarte mir telegraphisch mitzuteilen, warum Harry nicht schreibt und was mit unseren Papieren ist, ob Du diese uns einsenden kannst, weil es sehr dringend ist. Jegliche Post bitte ich Dich durch Italien zu versenden und wenn Du uns die Papiere senden würdest, dann richte sie bitte an das amerikanische Konsulat in Genua (Italien). An Harry habe ich geschrieben, er soll sich mit Dir in Verbindung setzen. Jedenfalls teile mir telegraphisch mit, ob ich auf die Papiere rechnen kann.

Celina Jaszuńska wurde am 25. September 1909 in Kalisz geboren. Die oben abgebildete Postkarte gibt als Adresse Lodsch Buschlinie 82 an, die sich im gerade gebildeten Ghetto befand. Aufgrund des eingeschränkten Postverkehrs wurde die Karte möglicherweise privat aus dem Ghetto gebracht und dann von Danzig aus in die USA geschickt. Da sich das Deutsche Reich im Kriegszustand mit Frankreich und England befand, ging Post nach Nordamerika über Italien – siehe handschriftlichen Vermerk Per Luftpost durch Italien (teilweise durch die Danziger Marke verdeckt).

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Arge Danzig, Rundschreiben 256, 3. Quartal 2017, Seite 3050.


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Added: 22/07/2017
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