Aus alten Zeitschriften und Zeitungen
[vorgelegt von Ronald van Waardhuizen, ronny@vanwaardhuizen.com]
Briefmarken-Rundschau vom 2. Dezember 1920
Beilage der Danziger Zeitung Nr. 25
Danzig. Neu erschienen sind hier in sehr kleiner Auflage zwei Ganzsachen, hergestellt in der
Buchdruckerei Julius Sauer, Danzig, durch Überdrucken vorhandener alter Restbestände der 7½
Pfennig-Karten und Doppelkarten. Der Überdruck ist bordeauxrot, die früheren Wertziffern 7 ½ sind
mit je einer „30“ überdruckt, in der Mitte des Markenbildes steht viertelkreisförmig gedruckt das Wort
„Danzig“, und unten befindet sich die bekannte schraffierte Blockierungslinie.
Die Karten sind auf den Postämtern – das Hauptpostamt erhielt nur einige hundert Stück – bereits
vergriffen. Wir melden also:
Postkarte 30 (Pfennig) rot auf 7 ½ (Pfennig) orange
Doppelkarte 30 + 30 (Pfennig) rot auf 7 ½ (Pfennig) orange
Ein sehr interessanter Danziger Fehldruck.
Wie wir hören, ist in diesen Tagen ein hochinteressanter Fehldruck entdeckt worden, der als ganz
besondere Seltenheit bezeichnet werden kann. Ein Postbeamter bei einem Danziger Amt bemerkte
durch Zufall unter mehreren Stücken der Danziger 30-Pfennig-Postkarte auf 10 Pfennig rot zwei
Karten, die nicht eine eingedruckte, sondern eine aufgeklebte 10-Pfennig-Marke Deutsches Reich
trugen. Diese Karten waren durch ein Versehen ebenfalls mit dem neuen Wert „10“, dem Worte
„Danzig“ und dem Blockierungsstrich, wie die gewöhnlichen Postkarten, überdruckt worden. Es
handelt sich vermutlich um vom Publikum zurückgelieferte Karten, die irrtümlich unter die Karten mit
eingedruckter Marke gekommen waren.
Durch das Übersehen des Druckers ist nun also ein neues Markenprovisorium entstanden:
30 (Pfennig) bordeauxrot auf 10 (Pfennig).
Der Furor der deutschen Postüberwachungsstellen.
Wir erhalten aus Stettin nachfolgendes Schreiben, das wir unter Weglassung unwesentlicher Stellen
veröffentlichen und das keines weiteren Kommentars bedarf. Unser Korrespondent schreibt:
Ich habe dort einen Sohn, der auf der Danziger Werft als Betriebsingenieur tätig ist. Dieser hat mir
nun von dort Marken schicken wollen, dieselben aber stets von der Zensurstelle zurück erhalten. Nun
habe ich mir einige – ich bin Seemaschinist – durch einen Kollegen nur zu Tauschzwecken mitbringen
lassen. Unser gegenseitiger Briefwechsel ist – man höre – nun von der Zensurstelle mit der Maschine
abgeschrieben, abgeklatscht (ich hatte darin um Übersendung von Marken gebeten und den Schiffsnamen und des Kollegen Namen genannt) und der hiesigen Zollbehörde übersandt worden! Diese hat
den Brief bei ihren Beamten im hiesigen Freihafen zirkulieren lassen, um damit die eventuelle Einfuhr
der Marken zu verfolgen. Ein Beamter hat es nun nicht unterlassen können, den betreffenden Kollegen
so in Angst zu setzen, daß dieser auf mein Bitten mir rundweg abschlug, ferner Marken mitzubringen.
Wie der Beamte ihm gesagt habe, würde er mit Gefängnis bestraft, und von nun ab auch seine Post
heimlich von der Zensurstelle geöffnet werden. Ich war bisher der Meinung, daß solche Sachen geheim
gehalten werden von der Behörde und den Beamten – aber weit gefehlt.
Ich hatte nun an den Herrn Reichskommissar geschrieben und angefragt, ob ich die Erlaubnis bekäme,
mir von meinem Sohne von dort Marken nur zu Tauschzwecken schicken zu lassen. Als Antwort erhielt
ich den verklausulierten Bescheid mit den ganz unhaltbaren Bestimmungen.
Was ist Ihre Meinung? Ärmer wird Deutschland gewiss nicht durch diese paar Marken zu Tauschzwecken, noch dazu aus einer Stadt, die so lange deutsch war und wo wir alle Deutsche sind.
A.L. Stettin.
Rundschreiben 285, Seite 4230
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Added: 10/11/2024
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