>> Der werdende Vater
Personen der Handlung:
Le = der Leser = Herr Stoye (Hochdeutsch)
Va = der werdende Vater = Herr Kniep (Danziger Dialekt)
Fr = der Hausfreund = Herr Kohn (Danziger Dialekt)
Ha = der tausmeister = Herr Foth (Danziger Dialekt)
Es wurde umdekoriert: Ein einbeiniger Stehtisch mit Machandelflasche, zwei Trinkgläser. Ein köstlich geschminkter und verkleideter Bollermann (Herr Kahn), im Gefolge einen nicht minder originell verkleideten Welutzke (Herr Foth) im Gefolge, tritt auf, bückt sich und flucht unsalonfähig)
We - "Was ihr wollt" von Scheeksbier. - Ich hatt' aber ne Buddel Aktienbier inne Pupe. Die olle Goi inne Gardrob fragt mir, ob ich 'n Opernglac wollt. Ich hab ihr aber jeeagt: Eec, nee, ich trink ausse rlasch. - Wo warst du denn jestern abend?
Bo - Ei - inne Flohkist - da hab ich uo'n Dubbas mit :Teils Albers jesehn. De bin ich doch so'n aufjeblasnem Aff im Dunkeln aufs Schlorren jetreten. Ich hab ihs jeflistert, er soll seine Treters jefälligst einzichn - meint der: Mein Herr, Sie sind ein Choleriker!
We - Was is dänneas?
Bo - Weiß ich nich. Aber auf alle Fäll, ich hab dem 'n paar inne Fräß jeknallt.
We - Was machst (usw. - erneut Machandelszene)
Bo - Du Lutzke, heer ma, ceitem meine 0llsche bei Springer Kaltmamcell macht, kennt 2C de neiste ordinär-zweidetje Liedern.
We - Sag nur - singt se die dir womejlich vor?
Do - Nei, das grad nich - aber se feift se!!
We - Was is dänne das mit dir? Seitdem :eine Ollsche bei Springer das Zchauchen hat, hilfst du ihr beim Abwacchen, du oller Waschlappen?
Bo - (verlegen in der Nase bohrend) Nu - se hat mich ja auch bei de jroße Wäsch jeholfen!
We - Bollermann - benimm dir! Bohr dir hier nich vor alle die encchen inne Jimm!!
Bo - Wo soll ich denn sonst bohren? Ich hab doch nixen an!!
We - Du Bollermann, meiner Großen bring ich nu die Benimmregeln bei. Zum Beieniel: "Nein Töchterchen, niemals nich darf ein Herr hinter ne Dame de Trupp raufjebn. Das jeheert sich nich." Kannste dir denken, Doller, warum?
Bo - Na klar - se kann doch nich wissen; wieviel Treppens er wohnt! - Meiner großen Marjell, die wo verheirat is, hat meine 0llsche so ne neimodsche Lokusbirscht jekauft, se soll se aufm Klo hängen. - Da kommt ne doch zu uns und sagt: Muttchen, das Jeld hast wächjesehmissen, die Biracht kratzt hundsjemein - Zeitung is doch besser!
We - Was machst?(usw. - erneut Machandelszene) Bollermann, stell dich bloß ma vor: So'n Dubbas von Eisbein, Sauerkraut, "n großer, Baulohen Kartoffeln, VaniIljepudding mit Himbereoß, 'n doppelten Machandel und 'n kiehles Aktienbier - und alles fier ma bloß drei Gulden und zwei Dittchens!
Bo - Moi - Welutzke - wo gibt es das?
We - Das macht ich auch wissen!!
Bo - Du, Lutzemann, kick ma raus, da kommt unser Franz, unser Maurerrentjeh Poguttke!
We - Auf welche Ztraßtnseit denn?
Bo - Auf beide! - So, nu halt mir nich mehr auf, ich muß ja nachm Dokter rennen, meine 0llsche jefällt mich nich!
We - Nimm mich grad mit - meine 0llsche jefällt mir auch nich mehr!
(Beide ab, treffen an der Tee mit Franz Foguttke (Herrn Kniep) zusammen. Sie begrüßen sich und verabschieden eich gleichzeitig. Poguttke hat etwas Eingewickeltes bei sich, es könnte ein Blumentopf sein. Er geht ans "Einbein", probiert auch zwischendurch vom Machandel, und liest eine Geschichte vor, die ihm gerade jetzt vor Ostern zugestoßen war, indem ein gipserner Friedensengel von der Konsole heruntergefallen war und allerlei Folgesituationen heraufbeschworen hatte. Letzten Endes packte Poguttke den "Blumentopf| aus - und es war der Ersatzengel darin.)
Die drei Sketche wurden mit viel Beifall und Gelächter bedacht, und Herr Dowig war so nett, den "Nichtdanzigern" die Personen Bollermann und Welutzke sowie Poguttke zu erklären.
Bollermann und Welutzke waren das, was in Oberschlesien Antek und lerantek oder in Köln Tünnes und Scheel sind. - Die Figur des Rentners eoguttke war die Erfindung des Schriftstellers Jaenicke, der (eine gebürtiger Sachse?) im Danziger Dialekt wöchentlich eine Geschichte in der "Danziger Neuesten Nachrichten" veröffentlichte. Hierbei berichtete der Maurerrentier Franz Poguttke am Stammtisch von seinen tragikomischen Erlebnissen.
In die sehr heiter-gelöste Stimmung platzte dann noch Herr epitz mit einem Knüller hinein, indem (nachdem er Herrn Kniep gequizt hatte, ob die Arge Danzig in Danzig ein eingetragener Verein gewesen sei (nein, sie war kein e.V.), aber bereits im Einwohnerbuch von 1937 aufgeführt) indem er die anwesenden Damen raterilles, cb man in Danzig einen Feihrerechein für Kinderwagen gebraucht habe zu irgend einer Zeit.
Die Frage wurde verneint. Jedoch legte Herr Apitz die Kopie einer Zulassung für einen Kinderwagen vor - aus dem Jahre 1906, ausgestellt vom Polizei-Präsidenten Danzig. Der Besitzer der Urkunde est das "Baby" selbst, das damals in besagtem Kinderwagen gefahren werden durfte. Der Text:
Auf den Antrag vom 24. d.M. wird Bier Hochwehlgeberen hierdurch auf Grund des § 29 der Straßen-Polizei-Verordnung vom ie. Mai 1079 die jederzeit widerrufliche Erlaubnis erteilt, folgende Bürgersteige und Promenadenwege mit einem Kinderwagen befahren zu lassen: Dominikswall, Promenade, Halbe Allee, Hansaplatz, Stadtgraben und Elisabethwall.
Dieser Erlaubnisschein, welcher Gültigkeit hat bis zum 31.12.1906, ist von der Kinderwärterin stets mitzuführen und den Exekutivbeamten auf Verlangen vorzuzeigen. Da die Bürgersteige und Promenaden-wege in erster Linie für den Puesängerverkehr bestimmt sind, so ist den Fußgängern euch in jedem alle auszuweichen. Überhaupt ist jede Erschwerung des Verkehrs auf den Bürgereteigen und Promenaden durch die Kinderwagen zu vermeiden. Berechtigte Beschwerden der die Bürgersteige und Promenaden benutzenden Passanten über die die Kinderwagen führenden Personen ziehen den sofortigen Verlust dieses Erlaubnisscheines nach sich.
Unterschrift
Empläuner dieser Erlaubnis war Herr Fuchs, Major im Kgl. Grenadier-Regiment König Friedrich I.
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Arge Danzig, Rundschreiben 130, 10. April 1986, Seite 735.
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Added: 19/03/2016
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