Die Postkutsche auf der Frischen Nehrung
(eingesandt von Dieter Bronisch, Tel. 03322/242453)
Die Kies-Chaussee
Durch den Nehrungswald führte die Kies-Chaussee, die alte Poststraße der Nehrung. Sie war ein alter Fahrweg und lief von Stutthof über Bodenwinkel, Vogelsang, Neue Welt und Pröbbernau nach Liep-Kahlberg, dann durch tiefe, einsame Stille über Vöglers-Neukrug nach Narmeln, von dort in noch tieferer Einsamkeit über Försterei Bruch nach Neutief (Kr. Fischhausen), um am Haff vor Pillau – die Stadt liegt schon jenseits des Tiefs – zu enden.
Der Weg lief selten durch die Dörfer, meist durch den Wald und hatte oft auf der südlichen Seite einen Streifen niedriger Tannenbäumchen, die infolge des Bedarfs für Weihnachten nicht hochstämmig wuchsen, so daß dem Weg die Sonne erhalten blieb und er in Regenzeiten schnell austrocknete.
Diese Kies-Chaussee durfte, wie auch die anderen Wege der Nehrung, nicht von Motorfahrzeugen befahren werden. Die einzige Ausnahme bildete der Kulissenwagen des Elbinger Stadttheaters, das in der Saison in Kahlberg das Kurtheater betrieb, sowie Militärfahrzeuge, die ihre Funkstation am Kahlberger Leuchtturm versorgen durften.
Auf der ganzen Nehrung waren daher nur die Naturlaute zu hören: das Rauschen der See und des Waldes, das Singen der Vögel, das Gequake der Frösche und wenige Laute der Hautiere. Kein Autohupen ertönte, kein Motor ratterte. Es herrschte eine paradiesische Stille.
„Was tönt denn da von ferne?“
Hier fuhr noch, fast bis in die letzten Kriegstage, die Postkutsche.
„Was tönt denn da von ferne? Trari, trara!
Das hört ein jeder gerne. Trari, trara!
Die Post ist da aus dem Vogelsänger Land.
Die Post ist da vom Nehrungsstrand. Trari, trara!“
Jeden Morgen wurde die Post auf der Danziger Seite in den Postwagen geladen. Sie wurde verplombt, weil die Post auch für den ostpreußischen Teil der Nehrung, der für die Danziger von 1920 bis 1939 zollpflichtiges Ausland war, mitgenommen wurde. An der Grenze (bei Pröbbernau) löste der Danziger Zollbeamte in Anwesenheit des deutschen Zollbeamten die Plombe und übergab die Post den deutschen Zöllnern. Dann lieferte die Postkutsche alles in Pröbbernau und Kahlberg ab.
Man schrieb z. B. von Vogelsang (Nehrung) aus mit gleicher Post zwei Briefe, den einen nach Berlin, den anderen nach Pröbbernau, dem Nachbardorf Vogelsangs auf der deutschen Seite. Man übergab beide Briefe um drei Uhr nachmittags dem Postillion, der, von Kahlberg zurückkehrend, sie nach Stutthof, dem zuständigen Postamt, mitnahm und sie dort pflichtgemäß auslieferte.
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Arge Danzig, Rundschreiben 213, 2006, Seite 1570.
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Added: 08/02/2008
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