Briefmarken-Rundschau.
Beilage Nr. 6 der „Danziger Zeitung“ vom 22. Juli 1920.
Der gute Ruf der „Danziger“:
>> So mußte beizeiten vorgesorgt werden, daß die Danziger Privat- und Geschäftswelt nicht eines Tages „vis á vis du rien“ stand, und die in jeder Beziehung äußerst sachlich, sparsam und nach den besten Traditionen eines tüchtigen Beamtentums geleitete Oberste Postbehörde, wie wir hören, jede Vorsorge getroffen hat, um das schwierige Problem zu überwinden, denn unser leider noch immer nicht endgültig bestätigter junger Freistaat sieht sich einer Fülle von Aufgaben gegenüber, zu deren Ausführung Geld, Geld und nochmals Geld gehört. Die Steuern sind bekanntlich in Danzig, Gott sei’s beklagt, leider schon ganz ungeheuerlich hoch, und allergrößte Sparsamkeit auf jedem Gebiete der Freistaat-Verwaltung ist das dringendste Erfordernis, wenn wir, nicht von vornherein am Start zu einem neuen Aufschwunge gelähmt, zusammenbrechen wollen. Diese kleine, an dieser Stelle aber nicht zu umgehende wirtschaftliche Abschweifung, mag genügen, um hervorzuheben, daß es sich auch in unserem Postwesen für die Zukunft um die äußerste Einschränkung handelt. Neue Briefmarken sind, wenn sie in Berlin oder anderswo bestellt werden müssen, entscheidend teuer, und werden immer teurer. Nach der zum Teil schon bewirkten Abrechnung und Verrechnung mit der deutschen Postbehörde verbleibt unserer Postverwaltung noch ein beträchtlicher Rest von allen deutschen Postwertzeichen der Germaniatype, die bekanntlich seit dem 20. d. M. bei uns keine Postgültigkeit mehr haben. Die Bestände an einzelnen Marken, die vom Publikum bis auf weiteres noch gegen Danziger Marken umgetauscht werden müssen, eignen sich nicht zum Überdruck, falls es sich um zurückgelieferte ganze Bogen handelt. Dagegen sind im Besitz der Post immerhin noch größere Bestände an gewissen weniger verbrauchten deutschen Briefmarken und Ganzsachen vorhanden, die nun auf Veranlassung der zuständigen Stelle gesammelt und auch von den kleinen Landpostanstalten, den Briefträgern usw. eingezogen werden. Alle diese Werte, worunter sich namentlich auch die schon längere Zeit außer Kurs gesetzten Marken zu 2, 2½, 3 und 7½ Pf. befinden, werden nun zur Zeit in einer altangesehenen Danziger Privatdruckerei für postalische Frankaturzwecke des Freistaates neu „zugerichtet“. Einzelne der Marken, wie z. B. die 20, 30, 50, Pf. usw., erhalten, wie wir bereits heute feststellen können, einen neuen schrägen Aufdruck „Danzig“ von links unten nach rechts oben unter Ausblockierung der Worte „Deutsches Reich“. Sobald es sich nach vorausschauender baldiger Erschöpfung einzelner meist begehrter Markwerte als erforderlich herausstellt, werden gewisse Germania-Marken mit einer neuen Wertbezeichnung überdruckt werden müssen. Bis zur Ausgabe dieser neuen zweiten Danziger Serie können aber immerhin noch drei bis vier Wochen ins Land gehen, um so mehr, als ein möglichst gleichzeitiges Erscheinen der Provisorien geplant ist.
Wir können versichern, daß zuständigen Ortes alles getan werden wird, um die Herstellung des Überdruckes auf den Marken bei der in Frage kommenden Danziger Druckerei aufs schärfste zu überwachen. Ein besonders zuverlässiger Beamter wird während des Druckes ständig in den Druckereiräumen sein, die einzelnen Markenbogen sollen in der Druckerei genau gezählt werden, und es sind alle menschenmöglichen Vorsichtsmaßregeln getroffen, um solche unliebsamen Mißstände, wie sie z.B. in Marienwerder eintraten, zu verhindern. (Hervorhebung: RS-Red.)
Die Danziger Marken, die als Erstausgabe eines an und für sich staatsrechtlich eine ganz eigenartige Stellung einnehmenden Gemeinwesens eine ganz besondere Neuerung darstellen, gelten in der Welt von größtem Interesse, - nicht nur in Sammelkreisen - wovon die zahllosen Danzig überschwemmenden Anfragen Zeuge sind. Unseren Freistaatmarken, auch den beabsichtigten neuen durch die Notwendigkeit gebotenen Provisorien, haften keinerlei Spekulationscharakter an, und man wird an den im Betracht kommenden Danziger Stellen, nicht nur bei der Behörde, sondern auch innerhalb der beiden Danziger Philatelistenvereine, argwöhnisch darüber wachen und sorgen, daß der bisherige „gute Ruf“ unserer interessanten hanseatischen „Verkehrsboten“ in keiner Weise geschädigt werden darf. G.O.K.
Arge Danzig, Rundschreiben 228, 2010, Seite 2062.
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Added: 01/07/2010
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