Heinz Kühn, per Adresse Aug. Wolff & Co. an der neuen Mottlau 5 in Danzig, gibt am 16.9.1935 – das ist ein Montag – beim HPA Danzig 1 einen Einschreibebrief an den 2. Offizier an Bord des Dampfers „Schwabenland“ auf. Die Gebühr beträgt ab 1.6.1935 für einen Brief bis 20 g = 40 Pf. + R-Gebühr = 30 Pf. + LP-Zuschlag = 65 Pf. = 135 Pf. Der Brief ist also tarifgerecht frankiert. Alle Marken werden – da ein LP-Brief – vorschriftsmäßig mit einem LP-Stempel entwertet. Anschließend erfolgt die Weiterbeförderung zum Auslandspostamt Danzig 5. Hier erhält der Brief rückseitig den Stempelabschlag DANZIG * 5 k und wird dann mit Luftpost nach Berlin geflogen. Dort wird am 17.9.35 rückseitig der Luftpost-Aufgabestempel BERLIN C/L 2 * angebracht. Anschließend erfolgt die Weiterbeförderung nach Stuttgart, wovorderseitig der rote LP-Bestätigungsstempel DEUTSCHE LUFTPOST / * EUROPASÜDAMERIKA e abgeschlagen wird.
Der Brief soll mit Deutscher Luftpost bis Bathurst in der britischen Kolonie Gambia in Westafrika und von dort auf den Dampfer „Schabenland“ geflogen werden. Er kommt am 20. Sept. 35 in Gambia an (Ankunftstempel REGISTERED G.P.O. GAMBIA auf der Briefrückseite). Es stellt sich heraus, dass der Adressat nicht an Bord der „Schwabenland“ ist. Handschriftlich steht oben rechts auf der Brief-Vorderseite: „An Abs. zurück / nicht an Bord Schwabenland“. Dieser Dampfer wurde aus einem ehemaligen Frachtschiff von der Deutschen Lufthansa zum Katapultschiff für ihre Luftpoststrecke über den Südatlantik umgebaut und im Südatlantik auf der Route der Deutschen Luftpost von Bathurst in Gambia (Westafrika) nach Brasilien stationiert.
Die Flugzeuge auf dieser Route der Deutschen Luftpost sind Wasserflugzeuge, die den Flug über den Atlantik nicht auf einmal bewältigen. Von Bathurst kommend wassern sie in direkter Nähe des Schleuderdampfers, fahren auf ein Schleppseil hinter dem Dampfer und werden dann auf der Schleuderrampe der Dampfer platziert. Das Flugzeug wird aufgetankt und gewartet und dann am nächsten Tag mit Hilfe des Katapults wieder in die Luft gebracht in Richtung Brasilien - und weiter nach Fernando do Noranha. Dort katapultiert man lt. Jörg-M. Hormann „Flugbuch Atlantik – Deutsche Katapultflüge 1927 - 1939“ am 27.09.1935 zum Rückflug. Das Flugzeug ist am 04.10.1935 wieder in Bathurst, und der Brief wird per Schiff nach Europa abgeleitet. Dieses Schiff landet am 20.10.1935 in Bremen oder Hamburg an. Damit kann auch die handschriftliche Bemerkung in der Mitte des Kuverts „21/10 zurück/Danzig“ erklärt werden.
Der Brief kommt mit dem Nachtzug (schließlich waren keine zusätzlichen LP-Gebühren im
Voraus entrichtet worden) am 22.10.35 wieder in Danzig an und erhält früh um 8 Uhr auf dem HPA Danzig 1 seinen Ankunftstempel. Noch am selben Tag wird er ausgetragen, doch der Absender wird nicht angetroffen (s. handschriftliche Bemerkung unten auf der Briefrückseite)
Das oben beschriebene Procedere erklärt dann auch die lange Zeit, die der Brief benötigt, um wieder in Danzig anzukommen.
Das Katapultschiff „Schwabenland“.
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Added: 23/05/2021
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