>> Meine Erlebnisse mit Danziger Briefmarkenhändlern
Langsam konzentrierte sich meine Sammelei auf Danzigmarken, und viele billige Marken erwarb ich dann, wenn ich bei der AOK das Krankengeld abholen mußte unde statt mit der Linie 5 vom Max-Halbe-Platz zu fahren, die fünf Kilometer nach Danzig zu Fuß ging. Das eingesparte Fahrgeld reichte dann immer für eine Menge Danzigmarken. So wurde ich "bekannt" bei Holtz & Giebeler am Stadtgraben, Herrn Schulz in der Töpfergasse (später war Frau Schulz häufig im Laden) und Ruberg in der Zeughaus-Passage. Eines Tages freute ich mich, Ruberg nach langer Zeit wiederzusehen. Wie immer bei einem Ladenbesuch bestaunte ich die Wandtafel mit "sämtlichen Danzigmarkern" hinter der Theke. Da kam das berühmte alte Mütterchen in den Kiosk und heischte eine Briefmarke zum Frankieren. Meinte Ruberg gelassen: "Nee, Muttohen, da müssen Sie beim Postamt kaufen. Wenn ich denen Konkurrenz mache, dann sperren die mich ins Gefängnis. Und ich bin froh, da grade rausgekommen zu sein."
Inzwischen hatte längst der Krieg begonnen, ich war Lehrling bei Raifeisen am Krebsmarkt. Als ich eines Tages beim Aufräumen im Büro (es war Sommer 1941) noch Bogenreste von Danzigmarken und Marken der polnischen Hafenpost entdeckte, siegte mal wieder der innere Schweinehund, und ich verscherbelte meine Fundunterschla-gung bei Ruberg für 80 Reichsmark. Raiffeisens Enkel mögen es mir verzeihen.
Bei Holtz bekam ich nunmehr als renommierter Stammkunde die Zehn-Pfennig-Preisliste aller Danzigmarken gratis. Eines Tages kaufte ein Herr die Ein-Gulden-Marke mit Wasserzeichen Hakenkreuz. Er sollte 5, bezahlen und wies auf die alte Preisliste, in der 3 angegeben waren. "Dafür kaufe ich diese Marke jetzt selbst ein, war Holtz Kommentar. Ichserbst hatte diese Marke im Dezember 1939 auf dem Hauptpostamt Langfuhr - nicht weit von Popa - erworben, wo sie und viele andere Danzigmarken zum amtlichem Umrechnungskurs 1 Gulden = 0,70 lig verkauft wurden, inoffiziell natürlich.
Obwohl ich des öfteren auch bei Frau Schulz gewesen war, kann ich mich an Einzelheiten des klitzekleinen Ladens in der Töpfergasse (gleich daneben war "meine" Leihbücherei) nicht erinnern. Herr Schüler berichtet, Herr Schulz sei im Ersten Weltkrieg bei einer Fliegereinheit gewesen und habe ein Gedicht verzapft, in dem etwas von einem Sausenden Propeller vorkam. Die älteren Philatelisten nannten ihn deswegen den Propellerschulz.
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Arge Danzig, Rundschreiben 100, Sonderbeitrag Nr. 2, November 1978, Seite 2.
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Added: 15/12/2015
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