>> Meine erste Reise nach Danzig
(Martin Jenrich)
Die Saison hatte noch nicht begonnen, so dass alles noch wenig besucht war. Und natürlich konnten wir nicht widerstehen, einen Briefmarken laden aufzusuchen. Dort verbrachten wir viel Zeit, und ich erwarb z.B. den letzten Freimarkensatz Danzigs (Wz. Hakenkreuze) nach Verhandlungen für 200 Zloty. Dabei konnte ich mir die Marken aus zwei Sätzen sowie Einzelmarken zusammenstellen. Der laden hatte noch nicht den neuen Spezialkatalog in dem dieser Satz mit Recht sehr angezogen hat.
In Oliva besichtigten wir den Dom des ehemaligen Zisterzienserklosters mit seiner berühmten Orgel. Und bei jeder Gelegenheit versuchten wir natürlich, mit Deutsch Sprechenden ins Gespräch zu kommen. Herr Bronisch kann durch die vielen Danzigbesuche ein bisschen polnisch sprechen. Das öffnet die Herzen der Polen! Und wenn man dann noch ein wenig galant den Damen gegenüber ist, stellt sich schnell die gewisse Herzlichkeit ein, die den Slawen so eigen ist.
Der dritte Tag diente dann der postalischen Nostalgie. Wir wollten Orte aufsuchen, deren Poststempel wir kennen und manchmal mit glänzenden Augen betrachten. Die Fahrt ging über Sandweg und Bohnsack nach Schiewenhorst. Dort fuhren wir auf einer alten Seilzugfähre, die uns für einen kleinen Obolus über den Weichsel-Durchstich nach Nickelswalde brachte. Es folgten Pasewark, Steegen und Stutthof. Dann ging es auf die Frische Nehrung über Bodenwinkel und Pröbbernau bis nach Kahlberg, das aber nicht mehr zu Danzig gehörte. Selbst dort trafen wir Deutsche („Urlaub im Sattel") bzw. Deutsch sprechende Polen. In einigen der Seebäder stiegen wir aus und wanderten zum Meer, zur Danziger Bucht. Badebetrieb war noch nicht, und die Sauberkeit am Strand ließ doch sehr zu wünschen übrig.
Zurück ging's dann über Steegen nach Fischerbabke, Tiegenort, Tiegenhagen, Tiegenhof, Marienau nach Neuteich, wo wir in einer Bäckerei gut schmeckenden Kuchen aßen. Die Schienen der Kleinbahn, die früher von Steegen nach Tiegenhof fuhr, liegen noch, auch die, welche die Seebäder verband. Aber der Kleinbahnbetrieb ist eingestellt. Wir stiegen immer wieder aus. um auf Friedhöfen bzw. in Kirchen deutsche Spuren zu finden, doch die sind inzwischen sehr rar geworden, weil vor allem auf den Friedhöfen die deutschen Gräber eingeebnet wurden, um Platz für polnische zu machen. Die Polen betreiben, wie in ihren katholischen Kirchen, die sie noch abends um 19 Uhr besuchen. in punkto Gräber einen richtigen Pomp.
Von Neuteich fuhren wir über Ladekopp, Schöneberg und Neumünsterberg nach Käsemark, wo wir auf dem Friedhof noch einen schönen Obelisk mit deutscher Inschrift fanden.
Die nächsten Stationen waren Gottswalde und Wotzlaff, wo neben der allen Kirchenruine eine neue moderne Kirche entstand. Trutenau, Großzünder, Gemlitz und Osterwick folgten. Über Praust, Sankt Albrecht und Ohra ging's dann wieder nach Danzig zurück. Ja, das war ein Tag, so, wie wir ihn uns vorgestellt hatten bei der Planung dieser Reise! Natürlich waren wir auch in Danzigs Altstadt unterwegs, auf dem Langen Markt mit dem Rathaus, auf der Langgasse mit der Hauptpost, gingen durchs Grüne und Lange Tor, sahen den Stockturm und spazierten an der Mottlau entlang, um unterm Krantor zu stehen. Auch die Katharinenkirche und die Marienkirche waren vor uns nicht sicher, so dass die Tage immer ausgefüllt waren. Und abends saßen wir natürlich auch in guten Gaststätten, in denen man Deutsch verstand.
Am vierten Tag wurden wir vormittags von Herrn Hadas, der ein hoher Postangestellter ist, zu sich nach Hause eingeladen, um in seinen Dublettenalben zu stöbern. Ja, da sahen wir Einiges! über Tausch und Kauf konnten wir etliche Stempelraritäten, wie z.B. Gemlitz, Rambeltsch, einen Viererstreifen Nr. 110 mit Tiegenhagen sowie die Nr. 292 Dy gestempelt erwerben.
Am späten Nachmittag sollte es dann auf Einladung der Veranstalter per Bus zur Marienburg an der Nogat gehen. Außer uns beiden waren aber nur Polen dabei, so dass wir bei der Führung und einem sogenannten Spektakel am Abend auf dem Burghof (bei niedrigen Temperaturen) nichts verstanden. Das gefiel uns gar nicht, zumal uns vorher eine Führung auch in deutscher Sprache zugesagt wurde. Die Rückreise verlief - wie die Hinreise - ohne Probleme, so dass wir als Fazit feststellen konnten: Ziel erreicht.
Von dieser meiner ersten Reise nach Danzig werde ich wohl noch lange zehren!
Eine interessante Paketkarte
[Krupa]
Unser polnisches Mitglied Krzysztof Krupa aus Danzig legte eine sehr interessante Paketkarte vor, die ein Unikat sein dürfte. Die Karte ist auf der Titelinnenseite farbig abgebildet (Abbildung 4).
Beim ersten Ansehen der Paketkarte ist man verblüfft: Keine Frankatur, statt dessen ein Dienstsiegel. Nun, das mag noch angehen, aber: Dienstsiegel von Hohenstein, jedoch Aufgabe in Danzig 1 ? Man kommt tatsächlich ins Grübeln, was da wohl passiert ist.
Aber immer mit der Ruhe. Fest steht, das Paket wurde in Danzig I aufgegeben und nach Hohenstein gesandt. Der Aufgabestempel ist DANZIG *1o 23.11.29. 3.4 N. Rückseitig ist zu finden der Ankunftsstempel HOHENSTEIN 23.11.19. 8-9N.
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Arge Danzig, Rundschreiben 204, 3. Quartal 2004, Seite 1388.
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Added: 15/07/2007
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