>> Was geht in Danzig vor?
Wie man uns - ohne Verbindlichkeit - mitteilt, sind die Dienstmarken zu 50 Mark nur in einer Auflage von 50.000 Stück gedruckt worden, von denen das Hauptpostamt nur zwei Pakete ä 20 Bogen, das heißt 4.000 Stück, erhalten hat. Ganz verschwindend gering war die Belieferung der übrigen Postanstalten. Auch die Mitglieder des eingetragenen Brief-markenhändlervereins, der unseres Wissens laut Vereinbarung mit der Postbehörde von jeder neuen Marke dauernd 500 Stück für jedes seiner Mitglieder sofort nach Erscheinen bestellt hat, erhielten "offiziell" nur je 50 Stück. Angesichts dieser Tatsachen muß man sich doch sehr fragen, ob die Kosten für den Druck der neuen überflüssigen blauen 50-Mark-Marke und das nochmalige Überdrucken dieser mit DM nicht bei weitem den Nominalwert der Markenauflage überschritten haben? Bei den heutigen teuren Maschinendruckpreisen, den Arbeiterlöhnen usw., hat der Staat als solcher, wie wir meinen, stark auf Kosten der Steuerzahler zusetzen müssen. Wir hoffen deshalb, daß sich der Dezernent des Postwesens beim Senat sowie auch der Volkstag einmal damit beschäftigen und unter anderem eine genaue Kalkulation der Herstellungskosten durch wirklich Sachverständige, ferner eine Kontrolle des Absatzes vornehmen lassen werden.
Selbstverständlich ist der einfache Aufdruck in schwarzer Groteskschrift, der jetzt angeblich unter eigener Regie des Postscheckamts stattfindet, zu dem die Druckerei aber sehr verschiedene Typen benutzt, überaus einfach nachzumachen. Fälschungen aus den weniger seltenen Urmarken 50 Mark blau werden dadurch sehr erleichtert, und wie wir schon mitteilten, hat eine hiesige Kautschukstempelfabrik ja auch schon früher verschiedentlich Aufträge auf Lieferung entsprechender Kautschukstempel erhalten, die nur zu Fäl-schungszwecken dienen können.
Wenn auch wohl die meisten Danziger Händler bei der Ausgabe der erwähnten Marke zu kurz gekommen sind, so gibt es doch eine Firma, der es auf diese oder jene Weise möglich war, sich ganze Pakete zu sichern. In zahlreichen Zuschriften an die "Briefmarken-Rundschau" kommt immer wieder der Wunsch zum Ausdruck, einmal bestimmte Namen zu nennen. Wir haben bisher aus mancherlei Gründen davon abgesehen, müssen aber nun im Interesse restloser Aufklärung dieser Machenschaften die schon seit längerer Zeit bekannte Tatsache festnageln, daß es die Firma Mia Keil in Danzig-Langfuhr ist, die mit Wissen der Postbehörde den Löwenanteil an der Spekulation mit solchen und ähnlichen Marken einheimst und schon früher eingeheimst haben soll. Die Inhaberin dieses Monopolvertriebs soll anläßlich der letzten Berliner Postwertzeichenausstellung sehr resolut den klassischen Ausspruch getan haben: "Die O.P.D. in Danzig bin ich!" In der Tat unterhält sie ganz ausgezeichnete Beziehungen zuständigen Orts.
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Rundschreiben 184, Literaturbeilage 989, 1.Juni 1999, Seite 4.
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Added: 19/11/2015
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