Historisches, Sachbeiträge und Berichte
Aus alten Zeitungen und Zeitschriften ...
diesmal aus der „Briefmarken-Rundschau“, 4. Jahrgang Nr. 34 vom 24. August 1923 Einzelpreis 20.000 Mark
[gefunden von Martin Jenrich]
Sammlerklagen und „legitime“ Händler!
Wer die „Rundschau in den letzten Wochen aufmerksam gelesen hat, der wird viel von „Legitimität“- Händler- und Sammlerinteressen darin gefunden haben. Wer ferner, sei es zu Geschäfts- Sammler- oder privaten Zwecken, seinen Bedarf an Marken bei den Postämtern decken mußte, der wird das Empfinden haben, daß die Klagen in der letzten „Rundschau“ , vom Standpunkt des Sammlers betrachtet, wohl berechtigt sind. Die Fragen, die darin an mich gerichtet werden, will ich in nachfolgendem beantworten und werde bemüht sein, sachlich und objektiv zu urteilen.
Sämtliche Danziger Behörden stehen auf dem Standpunkte, daß so, wie sie die Erledigung ihrer Angelegenheiten gestalten, es unzweifelhaft richtig ist; sie lassen sich nicht hineinreden, machen dabei aber den Fehler, zweifellos gute Vorschläge außer acht zu lassen. Die „B. R.“ brachte s. Zt. die Anregung, daß die Sammlervereine ohne Beeinträchtigung ihrer Selbständigkeit sich zu einer Arbeitsgemeinschaft zusammenfinden sollten. Diese Anregung wurde von mir aufgenommen, jedoch mit dem Erfolg, daß zwei weitere in Danzig bestehende Vereine sich n i c h t beteiligten. Ich weiß, daß der Leiter der Danziger Postbehörde, wenn die Verhältnisse es irgend gestatten, auf jede Bitte reagiert, die ihm vorgetragen wird. Es hätte sich bei gemeinschaftlicher Arbeit erreichen lassen müssen, daß der Sammlerbedarf in einer ähnlichen Weise hätte erledigt werden können, wie es mit den Händlern der Fall ist. Dadurch würde in jedem Falle der Ansturm auf die Postschalter vermieden, der bei jeder Neuerscheinung jetzt stattfindet. Es wäre dadurch eine Erleichterung für die Beamten geschaffen, und das Publikum könnte einer schnelleren Erledigung sicher sein.
Soweit meine Erkundigungen reichen, ist die Großverkaufsstelle deshalb nur für Händler geöffnet, weil der Ansturm auf den verhältnismäßig kleinen Raum zu groß war und das zur Verfügung stehende Personal nicht ausreichte, die Wünsche der Käufer zu befriedigen. Für den Sammler ergibt sich daraus ohne Zweifel eine unverdiente Härte, da er auch an den Postschaltern nicht das erhält, was er wünscht. Es muß hier gesagt werden, daß die Mehrzahl der Markeninteressenten auf dem Standpunkte steht, daß es der Post gleichgültig sein sollte, a n w e n sie Marken verkauft. .... Die ganze Unzufriedenheit wäre vermieden worden, wenn von vornherein die kleine Auflage rationiert worden wäre. Die vielen Klagen, Verdächtigungen und Wutausbrüche seitens des Publikums, das nach stundenlangem Anreihen unverrichteter Sache heimgehen mußte, wird der O.P.D. verständlich sein. Hoffentlich hat die Behörde aus den Ereignissen eingesehen, daß durch die neuen Bestimmungen Fehler entstanden sind denen abzuhelfen ihre vornehmste Aufgabe sein sollte. -
Die zweite Frage. Mein lieber Herr Argus! Auch heute noch stehe ich auf dem Standpunkte, daß der Händler der gute Berater seiner Kunden sein sollte. Was Sie zu dieser Frage veranlaßt, dürfte der Ärger über die legitimen Händlerinteressen auf dem Winterplatz sein, oder Sie haben das Empfinden, daß Sie nicht gut beraten sind. Wollen wir hier einmal etwas weiter ausholen. Als die heutigen fortgeschrittenen Sammler noch Schuljungen waren, gab es in der Portechaisengasse ein kleines Geschäft, in dem man eine Handvoll Marken für 10 Pf. kaufen konnte; es war das einzige Geschäft in Danzig, der damalige Besitzer war Herr A. Ehmer. Er ist daher der älteste Händler Danzigs. Dann gründete einige Jahre später Herr Karl Riedel (heute Langfuhr) eine Briefmarkenhandlung und war lange Zeit der einzige Händler in Danzig. Jeder Sammler wird mir bestätigen können, daß namentlich die letztgenannte Firma stets bemüht gewesen ist und noch ist, die Wünsche ihrer Kunden bestens zu erledigen. Die neuere Zeit brachte uns die Firma Holz & Giebeler in Danzig und die Firma Simon in Zoppot. Diese Firmen verdienen, wie ich aus eigener Anschauung sagen kann, wohl die Bezeichnung „legitime“ Händler, da die Kenntnisse sowohl als auch die Fülle ihres Materials die Gewähr dafür bieten, daß sie Berater ihrer Kunden sein können.. ... Mit dem Erscheinen der Danzigmarken entdeckten viele andere Firmen ihr Talent zum Briefmarkenhändler. Ob diese Firmen eine Berechtigung auf die Bezeichnung „legitim“ haben, bezweifle ich sehr stark; mit demselben Recht könnte sich jeder Zigarrenhändler, der sich in sein Schaufenster ein Blatt mit Marken hängt, Briefmarkenhändler nennen.
Es ist mir häufig von diesen neueren Briefmarkenhändlern, wenn ich nach Marken fragte, die nicht in ein Danzig-Album gehören, erklärt worden : „Diesen Dreck führe ich nicht“, weshalb ich natürlich solche Firmen nie als Briefmarkenhändler betrachte.
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Arge Danzig, Rundschreiben 216, Seite 1653.
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Added: 23/07/2007
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