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Gallery » Arge Danzig Rundschreiben Nr. 267 » Ferientage an der Weichsel in Einlage

Die Weichselufer waren durch Buhnen gesichert, durch die die Strömung von den Ufern in die Mitte des Bettes geleitet wurde. Sie wurden beständig verbessert und erneuert, aber bei starkem Eisgang waren sie nutzlos.
Als Haltestellen für die Dampfer waren unterhalb des Dammes hölzerne Stege angelegt. Doch der Kapitän hatte bei Hochwasser manchmal sehr viel Plage, um seine Reisenden in Einlage an Land zu setzen; uns Kindern konnte die Landung gar nicht schwierig genug sein. Und nun war man endlich am ersehnten Ziel.
In Einlage begann dann immer eine herrliche Zeit. Dort „auf dem Lande“ gab es für uns Städter überhaupt keine Langeweile. Da waren Pferde und Kühe, stets ein Hund, der nach etlichen Jahren dann wieder anders aussah und auf einen anderen Namen hörte, Katzen, Hühner, Gänse, Enten und anderes Getier. Da waren vor allem die beiden Kirschbäume, gleich links am Abweg, wenn man vom Damm herab ging und in das großväterliche Grundstück kam. Sie behielten ihre Früchte möglichst bis zum Eintreffen der Enkelkinder, obwohl die „Spreh“ - die Stare - in großen Scharen ihr Möglichstes taten, um unseren Anteil an den wohlschmeckenden Kirschen recht klein werden zu lassen.
Mein Großvater besaß noch einen uralten Vorderlader, für den er die Kugeln selbst goß, wobei ich andachtsvoll zusah. Dann wurde das Gewehr geladen, auch eine umständliche Arbeit, und darauf der Schuß gelöst, ohne zu zielen, denn das war ja gar nicht möglich. Ein ohrenbetäubender Knall, der ganze Schwarm flog schimpfend auf, ohne dass einer getroffen wurde, - und nach etwa einer Stunde waren sie alle wieder in einträchtiger Arbeit auf den Bäumen versammelt. Sie wußten wohl, dass es nicht ernst gemeint war. Wir durften auch - sicherlich nicht zur Freude der Hausbewohner - so oft wir wollten, die „Knarre“ oder „Scharre“ betätigen, ein sehr kunstvolles Instrument aus Holz, das durch Schwingen um seine Achsen einen gewaltigen Lärm erzeugte. Auf die Vögel machte das noch weniger Eindruck als ein Schuß; in kurzer Zeit waren sie wieder vollzählig da. Trotzdem blieb uns doch immer noch ein einigermaßen zufriedenstellender Anteil an der Ernte. Diese Knarre wurde von uns ihrem Zweck entfremdet, sie war eigentlich dazu bestimmt, nachts Feueralarm zu geben; die Gehöfte lagen ja weit voneinander entfernt. Ein großes Ereignis - besonders für uns Kinder, die wir dann unsere „gute Erziehung“ zeigen mußten - war das Treffen der Familie Wilm im Sommer in Einlage. Mein Vater, der jüngste von allen, hatte fünf lebende Geschwister, einen Bruder und vier Schwestern, die sich von Zeit zu Zeit dort trafen. Sie wohnten in Berlin, Breslau, Tilsit, Neuteich und Danzig, aber im Juli feierten sie hin und wieder ein Wiedersehen.

Arge Danzig, Rundschreiben 267, 2. Quartal 2020, Seite 3512.


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Added: 05/09/2020
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