Rückseite der Abwurfkarte vom Ballon Ostpreußen, der zum Samländischen PionierBataillon Nr. 18 in Königsberg gehörte und an
den Fest- und Flugwochen in Danzig vom 11. –
19. Juni 1910 teilnahm. Ballonführer war der
Leutnant P. Franceson aus Königsberg.
Der Ballon stieg laut Programm am Donnerstag, dem 16. Juni 2010, vom Exerzierplatz an der
Wallgasse zu einer Ballonfuchsjagd auf und wurde nach den Wetterdaten der Deutschen Seewarte
von einer östlichen Luftströmung mit einer Windstärke von 3 Beaufort an Zoppot vorbeigetragen.
Dort wurde die Karte möglicherweise von einem Passagier abgeworfen. Sie war gerichtet an das
Fräulein B. Müllershausen aus Bremen per Adresse Herr Consul Sattler in Madeira.
Absenderangabe Ballon Ostpreussen Herrl.[licher] Gruss aus den Lüften Dein Hans. Auf der
Vorderseite in gleicher Handschrift Durch Güte des Finders zu besorgen. Die Karte wurde
allerdings erst am 25. September in Zoppot aufgegeben, eventuell wurde sie erst sehr spät gefunden oder aber schlichtweg vergessen. Ein späterer Abwurf ist recht unwahrscheinlich, da die
Fahrten des Ballons Ostpreußen in der Presse sehr gut dokumentiert wurden und sich keinerlei
Hinweise für eine weitere Ballonfahrt im Zeitraum zwischen Juni und September im Raum Danzig
finden lassen. Darüber hinaus war das Wetter im Ostseeraum in der Woche vom 18. - 25.
September sehr schlecht und stürmisch – für eine Ballonfahrt denkbar ungeeignet!
Die nächste Fahrt des Ballons Ostpreußen nach der Danziger Flugwoche startete am 4. Juli 2010
in Königsberg. Hier verlief die Fahrtroute allerdings Richtung Nordosten, wo der Ballon nach seiner
Fahrt über das Samland schließlich in Lappönen landete.
Doch zurück zu unserer Abwurfkarte. Da diese um 5 Pfennig unterfrankiert war, wurde sie nach
den UPU-Regeln vom Postamt Zoppot wie nach dem geltenden Auslandsbriefporto nachtaxiert.
Vom 1. April 1900 bis zum 31. Juli 1916 betrug die Auslandsgebühr für Briefe bis 20 g 20 Pfennig
und für Auslandspostkarten 10 Pfennig. Basis für Nachtaxierungen war zwischen 1874 und 1922
der französische Franc. Damit ergab sich: Doppelter Fehlbetrag = 10 Pfennig x (25 cent ÷ 20
Pfennig) = 12 ½ Pfennig. Dieser Fehlbetrag wurde in den rechteckigen Taxstempel eingetragen,
der die gleiche Stempelfarbe wie der Aufgabestempel von Zoppot aufweist.
Die Karte erreichte zunächst Lissabon (Stempel LISBOA CENTRAL 29.9.10), dann Funchal auf
Madeira. In Portugal betrug zu dieser Zeit die Auslandspostkartengebühr 20 Reis. Zur Ermittlung
der Strafgebühr wurde in Madeira das Verhältnis zwischen portugiesischer und der UPUPostkartengebühr zur Berechnung der Nachtaxierung herangezogen: 10 Pfennig Fehlgebühr x (10
cent für die UPU Postkartengebühr ÷ 10 Pfennig Deutsche Postkartengebühr) = 10 cent. Damit
ergab sich eine Nachgebühr von 10 cent x (20 reis ÷ 10 cent) = 20 Reis. Es wurde eine Nachgebührmarke zu 20 Reis verklebt und mit dem Stempel CORRo
E TELo
3. OUT. 10 entwertet.
Dazu wurde noch der Stempel T im Kreis zur Dokumentation der fälligen Nachgebühr im rechten
oberen Teil der Karte abgeschlagen (gleiche Stempelfarbe wie der Stempel von Funchal) und der
Fehlbetrag von 10 cent in Blaustift vermerkt.
Da die Adressatin aufgrund der über dreimonatigen Verzögerung bei der Aufgabe der Karte nicht
mehr angetroffen werde konnte, wurde die Karte zunächst noch eine Zeitlang gelagert und am
Ende des Jahres zurückgesandt. Dazu erhielt sie den Stempel REFUGO (= zurückgewiesen)
PORTUGAL 31.12.10, damit der portugiesische Postbeamte wusste, wann die Karte zurückzusenden ist.
Die Karte erreichte Zoppot schließlich am 10. Februar 1911. Dort wurde wegen der fehlenden
Absenderangabe der Stempel Zur rechtzeitigen Bestellung ist die genaue Wohnungsangabe
erforderlich abgeschlagen. Dazu kamen die handschriftlichen Vermerke Heum 10/2 sowie Absender versuchsweise Königsberg Pr.? sowie nach Kbg. 9 in blau.
Literaturbeilage 233, Seite 4
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Added: 12/08/2023
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